The Wasp Woman (USA 1959)
Regie/Produktion: Roger Corman
Drehbuch: Leo Gordon; Kinta Zertuche (Story)
Kamera: Harry C. Newman. – Schnitt: Carlo Lodato. – Musik: Fred Katz
Art Direction: Daniel Haller. – Ausstattung: Karl Brainard
Darsteller: Susan Cabot (Janice Starlin), Fred Eisley (alias Anthony Eisley; Bill Lane), Michael Mark (Eric Zinthrop), Barboura Morris (Mary Dennison), William Roerick (Arthur Cooper), Lynn Cartwright (Maureen Reardon), Frank Gerstle (Les Hellman), Roy Gordon (Max Thompson), Lani Mars (Sekretärin), Bruno Ve Sota (Nachtwächter), Notarzt (Roger Corman) u. a.
Produzent: Roger Corman
Companies: Film Group Feature; Santa Cruz Productions Inc.
Laufzeit: 73 Min.; Schwarzweiß
Premiere: 30. Oktober 1959 (USA)
Janice Starlin, Chefin einer Kosmetikfirma, ist besorgt über die sinkenden Absatzzahlen ihrer Produkte. Starlins Firmenleitung, angeführt von ihrem engsten Berater Arthur Cooper, nimmt kein Blatt vor den Mund: Seit Starlin nicht mehr mit ihrem eigenen Gesicht für ihre Produkte wirbt, sind die Umsätze eingebrochen. Starlin ist jedoch nicht mehr länger als Werbegesicht tauglich, weil sie mit Ende Dreißig zu alt geworden ist.
In ihrer Not empfängt Starlin den Bienen- und Wespenforscher Eric Zinthrop. Der Wissenschaftler hat aus dem Gelée Royale von Wespen ein Injektionsmittel entwickelt, mit dem sich der biologische Alterungsprozess aufhalten, ja, sogar umkehren lässt. Zinthrop demonstriert eindrucksvoll die Wirksamkeit seines Serums: Binnen Minuten (!) werden Nagetiere, denen er das Serum injiziert, jünger. Die Unternehmerin ist überzeugt. Sie stellt Zinthrop als außerordentlichen Mitarbeiter ein, finanziert ihm ein Labor im Firmengebäude und drängt darauf, selbst als erste menschliche Testperson für das Serum herzuhalten.
Nachdem erste Injektionen, die Zinthrop ihr verabreicht, keinen Erfolg zeigen, handelt Starlin auf eigene Faust. Sie schleicht sich in Zinthrops Labor und setzt sich selbst zusätzliche Spritzen mit dem Wespenserum. Das Wunder geschieht: Starlin wirkt plötzlich jung und frisch wie eine Zwanzigjährige. Doch der Preis ist hoch, denn schon bald wird die Unternehmerin von starken Kopfschmerzen geplagt, und es geschehen mit ihr scheußliche Metamorphosen . . .
Wespe, wo ist dein Stachel?
Dieser dürftige Streifen von Low-Budget-Ikone Roger Corman ist eine billige Nachahmung von Kurt Neumanns Horrorfilm Die Fliege (1958). Er wurde in fünf Tagen mit einem Budget von nur etwa 50.000 Dollar gedreht. Die zähe, einfallslose Inszenierung verschenkt das interessante Potenzial des Plots völlig. Die Wespenfrau ist nicht durch und durch schlecht, vor allem seine Hauptdarstellerin Susan Cabot ist großartig, aber dem Film gelingt es nicht einmal ansatzweise, Unbehagen, Thrill und Horror zu erzeugen. Stattdessen ist er über weite Strecken einfach nur langweilig. Leider.
Seinen größten Ruhm errang der Film mit seiner Werbung: Er wurde mit einem der besten und spektakulärsten Filmplakate aller Zeiten vermarktet. Man sieht eine riesige Wespe mit einem Frauenkopf, die einen schreienden, halbnackten Mann gepackt hält. Unter ihr türmen sich die Gebeine der Unglücklichen, die die Wespenfrau zuvor schon getötet und aufgefressen hat. „Wow! Was muss das für ein atemberaubender Schocker sein!“ – dachte sich damals das arglose Publikum, zahlte den Eintritt und wurde bitterlich enttäuscht. Noch heute schürt dieses Plakat brennende Neugier bei jedem, der den Film noch nicht kennt. Es ist wahr, dass damals Filmplakate künstlerisch sehr frei gestaltet waren und nur selten exakt wiedergaben, was im Film wirklich zu sehen ist. Das Plakat zu The Wasp Woman aber ist so ziemlich die dreisteste Lüge, die je ein Filmplakat aufgetischt hat. Denn statt einer riesigen Wespe mit Frauenkopf liefert der Film das genaue Gegenteil: Eine zierliche Frau mit einem Wespenkopf.
In der Gestalt der Wespenfrau ist Susan Cabot zum ersten Mal erst in der 53. Minute (!) zu sehen, erscheint dann insgesamt vielleicht nur in zwei Minuten des Films und ist dabei nur undeutlich zu erkennen. Ihre haarige Maske mit Insektenaugen, Mandibeln und kümmerlichen Antennen, die mehr wie Hörner aussehen, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit einer Wespe und ist noch lächerlicher und unglaubwürdiger als der Fliegenkopf in Neumanns Die Fliege. Die Wespenfrau hat weder Flügel noch Stachel, und wenn sie ihre männlichen Opfer attackiert – untermalt von lautem Wespensummen –, wirkt sie sehr zierlich (Cabot maß nur 1,57 m), was die Lachhaftigkeit ihrer Angriffe noch verstärkt. Sie springt rasch und hektisch auf ihr Opfer zu, reißt es nieder und beißt ihm in den Hals, wobei einiges Blut den Hals herunterläuft. Tatsächlich war dieses Blut Schokoladensirup gewesen, den Cabot im Mund hatte und auf den Hals des „Opfers“ kleckern lassen musste. Als dritten und letzten „Spezialeffekt“ gibt es noch eine vom Wespenserum mutierte, tollwütig gewordene Katze zu sehen, der auf dem Rücken eigenartige, krebsartige Quaddeln gewachsen sind. Ist die Katze noch recht gut gelungen, wirkt die Maskierung der Wespenfrau absolut missraten, und dabei hätte gerade sie den vom Publikum erwarteten Horror einlösen müssen. Dass der Zuschauer während des Showdowns von Zinthrop erfährt, dass die Wespenfrau ihre Opfer nicht nur tötet, sondern wie echte Wespen auffrisst (!), setzt der Lächerlichkeit des Films die Krone auf. Die zierliche Janice Starlin soll allen Ernstes drei erwachsene Opfer komplett aufgefressen haben?
Bis auf die wenigen Minuten Action im Showdown ist der Film fürchterlich behäbig und müht sich sichtlich ab, seine Laufzeit von 73 Minuten irgendwie auszufüllen. Die Spannung dümpelt über den gesamten Film hinweg nur schwach über der Nullmarke. Dabei ist die Grundidee des Films – ein Einfall von Kinta Zertuche (geb. 1931), der Ehefrau des Art Directors Daniel Haller (geb. 1926) – ausgesprochen gut: Eine zielstrebige, selbstbewusste Frau, die mit dem Verblühen ihrer Schönheit hadert, greift zu unerhörten wissenschaftlichen Mitteln, die sie erst verjüngen, dann gräßlich entstellen. Die Besessenheit, mit der die Geschäftsfrau ihre Verjüngung und zugleich die geplante Vermarktung des Verjüngungsmittels betreibt, eröffnet eine ganze Bandbreite sozio-psychologischen Hintersinns. Das Rollenverständis der Frau, die hier – höchst selten in einem Fünfzigerjahre-Film! – eine weibliche Führungskraft ist, hätte sich als kritisches Potenzial ebenso angeboten wie der Jugendwahn der Konsumgesellschaft oder der ewige Wunsch der Frau nach nie vergehender Schönheit, einem essenziellen Element weiblicher Selbstwahrnehmung und Thema bereits in antiken Mythen.
All diese Bezüge, die sich unterschwellig durchaus herstellen lassen, reflektiert das hölzerne Drehbuch von Leo Gordon bedauerlicherweise kaum. Dass von Janice Starlins jugendlicher Schönheit der Erfolg ihrer Firma abhängt, wird beispielsweise nicht kritisch ins Licht gerückt. Starlins Besessenheit, mit der sie nach Schönheit strebt, wird hauptsächlich mit ihrem Geschäftsinteresse begründet, während das Thema weiblicher Eitelkeit kaum angerührt wird, obgleich es doch so offensichtlich auf der Hand läge. Janice Starlin ist unverheiratet, und sie zeigt auch kein Interesse am männlichen Helden des Films, Bill Lane (Fred Eisley), der mit ihrer Sekretärin Mary (Barboura Morris) liiert ist. Die taffe Unternehmerin ist nicht romantisch oder sexuell motiviert, obwohl dieses Thema anfänglich noch aufgegriffen wird. Denn Starlin wird von ihrem Berater Arthur Cooper (William Roerick) vor den Experimenten mit dem extrem starken Gelée Royale von Wespen eindringlich gewarnt: Wespenköniginnen seien wie Schwarze Witwen, heimtückische Raubtiere, die ihre Bräutigame mit ihrem Stich paralysieren, um sie dann bei lebendigem Leibe aufzufressen . . .
Die Idee, dass sich aus Gelée Royale ein wundersames Verjüngungsmittel gewinnen ließe, entsprang den zahlreichen Wundereigenschaften, die dem Gelée Royale von Bienen in der Kosmetik und Naturheilkunde zugeschrieben werden – damals wie heute. Wespen liefern im Film ein noch wundersameres, effektiveres Gelée Royale; zugleich sind Wespen Fleischfresser, was sie für einen Horrorfilm noch garstiger erscheinen lässt als Bienen. Dass Wespen in Wirklichkeit überhaupt keinen Gelée Royale produzieren, ist für den Film nicht weiter tragisch. Problematischer ist, dass immer nur Bienen und Bienenstöcke im Film zu sehen sind, aber nicht eine einzige Wespe. Lediglich in der Anfangsszene des Films sieht man Zinthrop, wie er ein weißes Ding aus Pappmaché von einem Baum pflückt, das ein Wespennest darstellen soll.
Zahlreiche weitere Schwächen belasten den Film. Jack Arnold konnte die Zuschauer in Tarantula (1955) mit gigantisch gewachsenen Labortieren beeindrucken, was auch tricktechnisch überzeugend umgesetzt wurde. Roger Corman hatte es dagegen mit den Versuchstieren seines mad scientists ungleich schwerer; seine Umsetzung der schlagartigen Verjüngung der Versuchstiere scheitert desaströs. Zinthrop injiziert einem Kaninchen das Serum, und es verwandelt sich in ein junges Kaninchen – tatsächlich wurde es duch eine weiße Ratte ausgetauscht. Die ganze Szene beeindruckt in keinster Weise. Dasselbe gilt für zwei schwarze Hunde, der eine groß, der andere klein: Beide sollen dasselbe Alter haben, der Zuschauer aber sieht eben nichts weiter als zwei verschieden große Hunde. Auch der Showdown ist unbeholfen improvisiert. Zinthrop, eigentlich geschwächt und dem Tode nah, schleudert der Wespenfrau aus mehreren Metern Entfernung eine Flasche Säure gegen den Kopf, und man staunt über seine Zielsicherheit. Die Wespenfrau ist vernichtet, und kurz darauf bricht auch Zinthrop zusammen und stirbt den wohlverdienten Tod des verrückten Wissenschaftlers.
Die Filmmusik vom Cellisten, Jazzmusiker und Komponisten Fred Katz (1919–2013), ursprünglich für Roger Cormans Das Vermächtnis des Prof. Bondi (1959) komponiert, ist ein weiteres Ärgernis. Sie dudelt und schnarrt uninspiriert, erratisch und ineffektiv durch den gesamten Film. Den schlimmsten Ausreißer leistet sie sich beim Erscheinen des dickleibigen Nachtwächters, der wenig später das zweite Opfer der Wespenfrau wird: Allein weil diese Figur dick ist, interpretiert Katz sie als komisch, und dementsprechend wird sie von komischer Musik untermalt. Grauenhaft.
Am erfreulichsten an Die Wespenfrau ist gewiss die symphatische Hauptdarstellerin Susan Cabot (1927–1986). Sie spielt Janice Starlin nuanciert und überzeugend. Obwohl die ältere Janice sich von der verjüngten Janice nur durch die äußere Aufmachung unterscheidet, gelingt es Cabot hervorragend, beide Janices darzustellen: Die ältere wirkt zurückhaltend und gesetzt, die junge dagegen impulsiv, fröhlich und von jugendlichem Schwung. Cabots schauspielerisches Talent ist unübersehbar. Die Wespenfrau war ihr letzter Spielfilm, nachdem sie über zehn Jahre in verschiedenen B-Movies, überwiegend Westernfilme, mitgewirkt hatte. Nach Die Wespenfrau widmete sich Cabot dem Theaterspiel und ihrem einzigen Sohn Timothy Scott Roman (1964–2003). Die Beziehung zu ihm war sehr eng, aber tragisch: Der Sohn war kleinwüchsig und wurde jahrelang mit Hormonen dagegen behandelt; Cabot hingegen litt zunehmend an schweren Psychosen und Selbstmordgedanken. 1986 wurde Susan Cabot im Alter von 59 Jahren von ihrem Sohn mit einer Gewichthebestange erschlagen, nachdem sie ihn, schreiend und nicht mehr Herrin ihrer Sinne, mit eben jener Stange und einem Skalpell attackiert haben soll (so zumindest schilderte ihr Sohn vor Gericht Cabots Tod).
Die anderen Schauspieler schlagen sich wacker. Fred Eisley (1925–2003), der sich später Anthony Eisley nannte und zu einem gefragten B-Movie-Darsteller avancierte, spielt den Helden Bill Lane glatt und zufriedenstellend. Barboura Morris (1932–1975), die Bills Freundin Mary spielt, ist adrett und unauffällig, stößt als entsetztes Opfer der Wespenfrau aber rasch an ihre Grenzen. Michael Mark (1886–1975) hat für seine Figur des Eric Zinthrop kaum Gespür und stellt sie zu altväterlich und verschlagen dar. Mark ist dem Genrefan auch aus einigen Universal-Horrorfilmen bekannt; im Serial Flash Gordon Conquers the Universe (1940) spielte er einen Wissenschaftler, der Flash Gordon und Dr. Zarkov zur Seite steht. Besondere Erwähnung verdient Lynn Cartwright (1927–2004), die Ehefrau von Drehbuchautor Leo Gordon, als attraktive, sexuell selbstbewusste Sekretärin Maureen. Sie wirkt ständig gelangweilt von ihrem Job und legt nur selten die Nagelfeile aus der Hand. Maureens Attraktivität steht in offenkundiger Spannung zu ihrer alternden Chefin, doch diese Spannung wird kaum genutzt.
Die Wespenfrau ist ein Film der verschwenderisch verschenkten Möglichkeiten. Eine tolle grundlegende Idee, die eine ganze Schar spannender, unterschwelliger Fragestellungen ermöglicht hätte, ein spektakuläres Monster, das versprochen, aber nicht geliefert wird, und überdurchschnittliche Darsteller in der bleiernen Inszenierung eines einfallslosen Drehbuchs – all dies lässt den Zuschauer mit einem großen, sehr großen Bedauern zurück. Für wohlwollende Genrefans ist der Film durchaus sehenswert, er hat einige erinnernswerte Ansätze und Momente. Insgesamt bleibt das Werk jedoch als armseliges, reichlich dröges Filmerlebnis im Gedächtnis haften.
Der Regisseur und Monsterfilmfreund Jim Wynorski (geb. 1950) war stets ein großer Fan des unglaublichen Kinoplakats von The Wasp Woman. 1995 konnte er seinen Traum von einem Remake verwirklichen und drehte für das Fernsehen The Wasp Woman (auch bekannt als Forbidden Beauty – Das Experiment). Wynorski konnte nun endlich auch das Kinoplakat umsetzen, und es ist in seinem Film wirklich eine riesige Wespe zu sehen – zwar nicht mit einem Frauenkopf, dafür aber mit Brüsten! Produzent des Remakes war Roger Corman. Die kultige Popularität des schwachen Originals konnte Wynorskis Film trotzdem nicht erreichen. Vielleicht fehlte es ihm nur an einem ähnlich beeindruckenden Filmplakat . . .
© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 5. Juli 2017