The Man from Planet X (USA 1951)
Regie: Edgar G. Ulmer
Drehbuch: Aubrey Wisberg und Jack Pollexfen
Darsteller: Robert Clarke (John Lawrence), Margaret Field (Enid Elliot), William Schallert (Dr. Mears), Raymond Bond (Professor Elliot), Pat Goldin (Außerirdischer), Roy Engel (Constable Tommy), Charles Davis (Geordie) u. a.
Produzenten: Aubrey Wisberg und Jack Pollexfen
Company: Mid-Century Films; Verleih durch United Artists
Laufzeit: 71 Minuten; Schwarzweiß
Premiere: 9. März 1951 (USA)
Der Reporter John Lawrence reist nach Schottland auf die abgelegene Orkney-Insel Burray, um den Astronom Professor Elliot aufzusuchen. Elliot hat einen unbekannten Planeten „X“ am Himmel ausgemacht, der sich rasch der Erde nähert und sie in geringem Abstand passieren wird; Burray wird dabei voraussichtlich von allen Orten auf der Erde dem Planeten X am nächsten kommen.
Der Professor empfängt Lawrence in seinem Observatorium, das sich in einem düsteren mittelalterlichen Turm befindet. Bei ihm wohnen seine hübsche Tochter Enid und sein Assistent Dr. Mears. Auf einem Spaziergang in den einsamen Mooren in der Umgebung stolpern Lawrence und Enid über einen kegelförmigen metallischen Gegenstand, der extrem widerstandsfähig und gleichzeitig sehr leicht ist. Professor Elliot untersucht das Objekt und vermutet, dass es eine Art Sonde ist, die möglicherweise vom Planeten X stammt. Dr. Mears hingegen ist von der Vorstellung elektrisiert, dass das Material der Sonde in der Industrie von unvorstellbarem Nutzen wäre.
Am späten Abend ist Enid allein mit dem Auto unterwegs. Wegen einer Reifenpanne muss sie zu Fuß weitergehen – und stößt dabei auf ein tief in der nebligen Wildnis verborgenes Raumschiff. Enid läuft davon und berichtet ihrem Vater von ihrer Entdeckung. Als der Professor sich das Raumschiff von seiner Tochter zeigen lässt, wird er vom Schiff mit einem hellen Energiestrahl beschossen, der ihn in einen willenlosen Gedankensklaven verwandelt. Enid kann jedoch mit ihrem Vater fliehen; nur wenig später verschwindet der Effekt des Energiestrahls wieder.
Am nächsten Tag nähern sich der Professor und Lawrence noch einmal dem Raumschiff. Sie begegnen dem einzigen Passagier des Schiffes, einem kleinen, humanoiden Außerirdischen mit starren Gesichtszügen. Der Außerirdische scheint an einem friedlichen Kontakt mit den Menschen interessiert zu sein; er folgt Elliot und Lawrence zum Observatorium, wo er jedoch fatalerweise in die Obhut von Dr. Mears gegeben wird. Mears will sich mit Gewalt das technologische Wissen des Besuchers aneignen, um zu einem mächtigen Mann zu werden. Er greift den Außerirdischen an und kämpft ihn nieder; kurz darauf kann der Außerirdische jedoch fliehen, mit seinem telepathischen Energiestrahl die Kontrolle über Enid übernehmen und sie zu seinem Schiff entführen. Professor Elliot und Lawrence sind alarmiert und rufen die Polizei und die Armee zu Hilfe. Als der Außerirdische später auch Dr. Mears kontrolliert, erfährt dieser telepathisch, dass die Bewohner des Planeten X vorhaben, sich auf der Erde anzusiedeln. Der Besucher ist nur als kundschaftende Vorhut vorausgeschickt worden . . .
Ein Besucher aus dem Nebel . . .
Edgar G. Ulmers The Man from Planet X ist ein stark angestaubtes, aber auch interessantes Relikt des Science-Fiction-Kinos der frühen Fünfzigerjahre. Der nach einem spröden, aber klugen Drehbuch extrem billig produzierte Streifen geriet kaum nach seiner Veröffentlichung in Vergessenheit und ist heute nur noch einem kleinen Zirkel von Aficionados bekannt. Er erlangte nie „Klassiker“- oder „Kult“-Status, gewann aber die Wertschätzung einer Handvoll einflussreicher Science-Fiction-Kritiker und genießt seither den Nimbus eines verborgenen Geheimtipps. Bill Warren nennt Ulmers Billigheimer beherzt „einen der besten unabhängigen Low-Budget-Science-Fiction-Filme der Fünfzigerjahre“ (Keep Watching the Skies!, S. 539) und in Phil Hardys Science Fiction Filmenzyklopädie (S. 137) wird der Film als „Triumph der Pulp-Phantasie“ gepriesen. Derart hochfahrende Urteile sind zweifellos übertrieben, da sie Erwartungen wecken, die der von zu vielen Unzulänglichkeiten gehandicapte Film nicht einlösen kann. Aber der Film kann durchaus mit einigen Qualitäten prunken, die ihn über das Gros der konventionellen Dutzendware emporheben und ihn für den nostalgischen Genrefan noch immer sehenswert machen.
Der elegante, ansprechende Stil von The Man from Planet X ist das Verdienst des Regisseurs Edgar Georg Ulmer (1900–1972). In Österreich geboren, hatte sich Ulmer im Babelsberg der Zwanzigerjahre als Bühnenbildner profiliert und an den Kulissen zahlreicher Filme des klassischen deutschen Kinos mitgewirkt – insbesondere in Fritz Langs Metropolis (1927) und Spione (1928). 1933 emigrierte Ulmer in die USA und begann dort mit Damages Lives (1933) seine Karriere als Regisseur von sehr billigen Low-Bugdet-Filmen, die von da an sein Metier bleiben sollten und nur selten von größeren Produktionen wie dem sehr erfolgreichen Bela Lugosi/Boris Karloff-Film Die schwarze Katze (The Black Cat, 1934) oder die Film-Noir-Klassiker Umleitung (Detour, 1945) und The Strange Woman (1946) abgelöst wurden. Auch wenn Ulmer nie starbesetzte A-Movies inszenierte, wird er bereits seit Langem als überaus talentierter Regisseur verehrt, dem es gelang, das Beste aus einem winzigen Budget herauszuholen, was filmisch möglich war.
Ähnlich wie die Filme von William Cameron Menzies (1896–1957), der ebenfalls von Haus aus Bühnenbildner war, lassen die Filme von Edgar G. Ulmer ein sicheres Gespür für Atmosphäre und Bildkomposition erkennen, das freilich stets durch die geringen Mittel beeinträchtigt blieb. Für The Man from Planet X stand ein läppisches Budget von nur 41.000 Dollar zur Verfügung. Gefilmt wurde in den Hal Roach Studios in den übriggebliebenen Kulissen des Ingrid-Bergman-Klassikers Johanna von Orleans (Joan of Arc, 1948) von Victor Fleming, und die Drehzeit betrug nur sechs Tage. Das Drehbuch von Aubrey Wisberg und Jack Pollexfen wurde den mittelalterlichen Kulissen angepasst, die Ulmer geschickt ausnutzte, um dem Film das Odeur „gotischer“ Schauerromantik zu verleihen. Damit griff er die Tradition der klassischen Horrorfilme der Dreißiger- und Vierzigerjahre auf, wodurch der Film zehn Jahre älter aussieht, als er ist.
Gelungene Miniaturen und Bauten mittelalterlicher Gemäuer wechseln ab mit der romantischen Kulissenmalerei eines schottischen Dorfs, die beinahe einem expressionistischen deutschen Stummfilm entstammen könnte. Zu allem wallt in dichten Schwaden der künstliche Nebel über den Bühnenboden, um das schottische Moor vorzugaukeln und gleichzeitig die Künstlichkeit der Bauten zu kaschieren. „Im Freien“ gelingt Ulmer die schaurige Stimmung sehr gut. Auch die exzellente Kameraarbeit von John L. Russell (1905–1967), dem späteren Kameramann von Ray Harryhausens Panik in New York (1953) und Alfred Hitchcocks Psycho (1960), trägt zur bemerkenswerten Atmosphäre des Films bei. In den Szenen, die in Innenräumen spielen, springen dagegen die beengten und kargen Bühnenbilder offensichtlicher ins Auge; Ulmers niedrige Kamerawinkel sind nicht allein dem Stil geschuldet, sondern haben vor allem den Zweck, die Sets größer wirken lassen.
Visuell sind neben der ansprechenden Landschaft vor allem das außerirdische Raumschiff und der Außerirdische selbst interessant. Das Raumschiff sieht aus wie eine silbrige Taucherglocke mit aufgepflanzter deltaförmiger Spitze – ein höchst ungewöhnliches Design für ein UFO. Das Schiff ist sehr klein und lässt keinerlei Antriebstechnik erkennen. Zudem steht es etwas zur Seite geneigt im Moor, als sei es nicht gelandet, sondern einfach auf die Erde geschleudert worden und unkontrolliert auf ihr aufgeschlagen. Im Film wird diese Frage leider nirgends geklärt.
Der Außerirdische, gespielt vom kleinwüchsigen Darsteller Pat Goldin (1902–1971), ist, obwohl humanoid, eine faszinierende Erscheinung. Seine kindlich und grazil wirkende Statur trägt einen dunklen Raumanzug, während sein großer Kopf in einem hohen Glashelm steckt, der über einen Schlauch mit einer Atemluftflasche auf dem Rücken verbunden ist. Das Gesicht des Aliens sieht aus wie die hölzerne Ritualmaske eines primitiven Naturvolks. Obwohl die Maske, die Goldin trug, in der Tat starr ist, erscheint sie dennoch ausgesprochen überzeugend, wobei Ulmer sorgfältig auf eine unnatürliche, nicht zu helle Ausleuchtung geachtet hat. Das Gesicht wirkt fremd und unergründlich, aber nicht feindselig.
Ulmers Inszenierung schleppt sich leider recht betulich dahin und ist zu dialoglastig; außerdem ist das Alien nur selten zu sehen und bekommt dann nur wenig zu tun. Die Schauspieler agieren ohne besondere Präsenz und bisweilen etwas steif. Margaret Field (1922–2011) als Enid ist brav und adrett und Robert Clarke (1920–2005) als John Lawrence ein akzeptabler, etwas zu routiniert auftretender Held. Raymond Bond (1885–1972) als Professor Elliot wirkt ausgesprochen blass. William Schallert (geb. 1922), der später noch in überaus vielen Science-Fiction-Filmen und -Serien, insbesondere in Star Trek (1966-1969) auftreten sollte, hat als abgeklärter und verschlagener Dr. Mears noch am ehesten die Gelegenheit, in seiner Rolle zu brillieren.
. . . doch was hat er vor?
The Man from Planet X erschien zwei Jahre vor den Klassikern Kampf der Welten (1953) und Invasion vom Mars (1953), ein halbes Jahr vor Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951) und anderthalb Monate vor Das Ding aus einer anderen Welt (1951) und ist damit der erste Science-Fiction-Film überhaupt, der eine Invasion von Außerirdischen zum Thema hat – sieht man einmal vom Republic-Kinoserial The Purple Monster Strikes (1945) und dem Remake Flying Disc Man from Mars (1950) ab, wo ganz ähnlich wie in Planet X ein einzelner Außerirdischer die Erde besucht, um eine Invasion vorzubereiten. Schon der Hinweis auf die erwähnten Kinoserials zeigt, dass die Lorbeeren für die „erste“ Alieninvasion in einem Featurefilm nicht zu hoch bewertet werden sollten; sie bedeuten gewiss nicht, dass Planet X alle späteren Invasionsfilme inspiriert habe. Das Thema der Alieninvasion ist seit H. G. Wells Krieg der Welten (1897) ein derart prominentes Science-Fiction-Thema, x-fach in den Pulp-Magazinen aufgegriffen, dass die Quellen späterer Filme in erster Linie dort zu suchen sind.
Wie in allen späteren Invasionsfilmen wird auch in Planet X zum Schluss das Problem mit einem harten bewaffneten Schlag gegen die Außerirdischen gelöst. Das konventionelle Ende enttäuscht, aber nur, weil die interessante Charakterisierung des außerirdischen Besuchers so außerordentlich aus dem Rahmen fällt. Der Alien ist hier noch nicht das stereotype, gefühllose Monster aus dem All, dessen Vernichtung aufgrund seiner Unmenschlichkeit moralisch einwandfrei ist. Vielmehr erscheint der Besucher trotz seiner betonten Fremdartigkeit und Unzugänglichkeit zerbrechlich, sanftmütig und beinahe sympathisch. Lange bleibt unklar, ob der Besucher tatsächlich eine Invasion der Erde vorbereiten will oder nicht. Als der Außerirdische das erste Mal Lawrence und Professor Elliot entgegentritt, hält er zwar zu seiner Verteidigung eine Waffe in der Hand, wendet sie aber nicht an. Eher ängstlich nähert er sich den Menschen, die ihm so fremd sind wie er ihnen, und versucht eine Verständigung zu erreichen. Auch später, als der Alien mit Dr. Mears allein ist, streckt er die Hände aus und will offensichtlich signalisieren, dass er friedlich sei. Erst ganz am Ende des Films wird die Invasionsabsicht der Außerirdischen als sichere Erkenntnis hingestellt. Der mental übernommene Dr. Mears teilt Lawrence die telepathisch empfangenen Gedanken des Aliens mit: Er erzählt, dass der Planet X zu vereisen droht und von seinen Bewohnern mittels eines Anti-Gravitationsfeldes in Richtung Erde gelenkt wurde, um die Bevölkerung des Planeten auf die Erde umzusiedeln; die Aufgabe des Besuchers sei es, einen “wireless directional beam” zu installieren, ohne den die Umsiedlung unmöglich wäre. Mears’ Erklärung liefert die beruhigende Rechtfertigung dafür, dass die Armee den Besucher und sein Raumschiff mit Panzerfäusten vernichtet. Dennoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack.
Es ist ein interessanter Zug des Films, dass die Verständigung zwischen den Menschen und dem Alien bis zum Schluss nicht gelingen wird: Die Sprache des Außerirdischen klingt wie ein indifferentes, tiefes Summen und ist somit völlig andersartig (ein gelungenes Element des Films); umgekehrt scheint der Außerirdische nicht ein einziges Wort der Menschen zu verstehen. Später versuchen Professor Elliot und Dr. Mears, sich mittels der Geometrie – “the purest language of science” – mit dem Alien zu verständigen, doch bleiben auch diese Versuche in Anfängen stecken.
Allzu oft wird das Problem der Verständigung in Science-Fiction-Filmen entweder völlig ignoriert – Aliens und Menschen verstehen sich auf wundersame Weise sofort, wie das z. B. regelmäßig in der TV-Serie Mondbasis Alpha 1 (Space: 1999, 1975/76) der Fall ist –, oder es wird schlanker Hand aus der Welt geschafft, indem erklärt wird, dass die Aliens die Menschensprache schon früher durch irdische Radiosendungen erlernt hätten. Oft verfügt auch eine der beiden Seiten einfach über ein passendes Übersetzungsgerät.
Die nie gelingende Kommunikation mit dem Alien ist ein bemerkenswerter Aspekt von The Man from Planet X, der für einen Science-Fiction-Film der Fünfzigerjahre sehr ungewöhnlich ist. Ein seltenes Vergleichsbeispiel, bei dem ebenfalls die misslingende Kommunikation ein zentrales Thema darstellt, wäre etwa Fred F. Sears’ Fliegende Untertassen greifen an (1956). Dr. Mears stellt sogar die grundsätzliche Frage, ob die Verständigung mit einem völlig andersartigen Alien überhaupt möglich sei. “How do we know what thought processes run through his head?”, fragt er Lawrence. “How can we even assume that he thinks like we do? How can we anticipate what a fantastic organism like that might do or might not do?” Damit stellt er eine bemerkenswerte Spekulation an, die viel zu selten in Science-Fiction-Filmen thematisiert wird.
Mit der scheiternden Verständigung ist das Misstrauen und die Feindseligkeit der Menschen eng verknüpft. Dr. Mears wird von der Gier nach Macht und Geld getrieben und ringt den Besucher gewaltsam nieder, um ihn mit der Rationierung seiner Atemluft zu erpressen und ihm so sein technologisches Wissen zu entlocken. Erst nach dieser Attacke schlägt der Außerirdische zurück und entführt erst Enid und später Dr. Mears selbst. Der Außerirdische übernimmt zwar noch weitere Menschen mit seinem Telepathiestrahl und lässt von ihnen einen Schutzwall rund um sein Raumschiff aufwerfen, doch wirkt dieses Verhalten eigentlich nicht besonders bedrohlich – es scheint vielmehr eine (reichlich drollige) Verteidigungsmaßnahme zu sein. Es wird zwar nie klar, wie sich das friedliche, verständigungsbereite Auftreten des Besuchers sich mit den Invasionsabsichten verträgt, aber womöglich strebte der Außerirdische nur nach einem fairen Ausgleich der Interessen – oder gar nach der Hilfe der Menschen, die allein das Überleben seiner eigenen Spezies ermöglicht hätte. Es ist jedenfalls nicht sicher, dass die Außerirdischen, einmal auf der Erde, auch die Herrschaft hätten übernehmen wollen.
Die konkreten Absichten der potenziellen Invasoren bleiben somit bis zum Schluss ungeklärt, und die alte Weisheit, dass der Mensch zerstören muss, was er nicht versteht, rückt hier stärker in den Vordergrund als in späteren, martialischeren Invasionsfilmen. Ja, sogar die Chancen, die ein friedlicher Kontakt vielleicht ermöglicht hätte, werden am Ende in den Blick genommen. “You know”, sagt Enid in der Schlusseinstellung, “I think that creature was friendly. I wonder what would have happened if Dr. Mears hadn’t frightened him.” Lawrence antwortet: “Who knows? Perhaps the greatest curse to ever befall the world or perhaps the greatest blessing.”
So unterstreicht der melancholische Held die bittere Tragik, die der gescheiterte Erste Kontakt in The Man from Planet X entfaltet. Neben Ulmers atmosphärischer, wie aus der Zeit gefallenen Inszenierung und dem interessanten Design sind es die ungewöhnlichen inhaltlichen Aspekte, die den Film noch heute zu einem sehenswerten Kapitel aus der langen Geschichte des Science-Fiction-Kinos machen.
© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 22. Februar 2016