The Green Hornet

The Green Hornet (USA 2011) Plakatmotiv

The Green Hornet (USA 2011)

 

Regie: Michel Gondry

Drehbuch: Seth Rogen und Evan Goldberg, nach einer Idee von George W. Trendle und Fran Striker (1936, Radioshow The Green Hornet)

Darsteller: Seth Rogen (Britt Reid/Green Hornet), Jay Chou (Kato), Cameron Diaz (Leonore Case), Christoph Waltz (Chudnofsky), Tom Wilkinson (James Reid), David Harbour (Frank Scanlon), Edward James Olmos (Mike Axford), Jamie Harris (Popeye), Chad Coleman (Chili), Edward Furlong (Tupper) u. a.

Laufzeit: 119 Minuten; Farbe

Premiere: 13. Januar 2011 (Deutschland); 14. Januar 2011 (USA)

 

Britt Reid ist um die dreißig, ein Sohn aus reichem Hause und führt ein oberflächliches Lotterleben als Aufreißer und Partylöwe – sehr zum Missfallen seines Vaters, dem angesehenen Herausgeber des Daily Sentinel, der wichtigsten Tageszeitung von Los Angeles. Als sein alter Herr infolge einer allergischen Reaktion an einem Bienenstich stirbt, erbt Britt alles und wird plötzlich mit der Frage konfrontiert, wie sein Leben weitergehen soll. Britt fühlt sich außerstande, in die großen Fußstapfen seines Vaters zu treten und die Leitung des Daily Sentinel zu übernehmen.

 

Da wird Britt auf den smarten, zurückhaltenden Chinesen Kato aufmerksam, der als Mechaniker für die Luxusautos von Britts Vater zuständig gewesen war. Kato entpuppt sich als begnadetes Tüftlertalent, der einen schwarzen 1965er Chrysler Imperial Crown aus Britts Garage in eine gepanzerte Superwaffe verwandelt hat. Überdies ist Kato ein Ass der fernöstlichen Kampfkünste. Als Britt und Kato auf einer nächtlichen Spritztour mit dem gepimpten Chrysler zufällig ein Pärchen vor einer Schlägerbande retten und beide anschließend wie berauscht von ihrer Heldentat sind, hat Britt eine Idee: Er will in Zukunft gemeinsam mit Kato als Superheld für die Gerechtigkeit kämpfen. Kato willigt ein und rüstet den Chrysler gehörig auf, während Britt sich coole Outfits für das Heldenteam ausdenkt.

 

Als „Green Hornet“ macht Britt gemeinsam mit Kato fortan die Gangsterbanden von Los Angeles unsicher. Schon bald ist Green Hornet in der ganzen Stadt in aller Munde. Der eiskalte Gangsterboss Chudnofsky ist von der Störung seiner Drogengeschäfte jedoch nicht erfreut und eröffnet die Jagd auf Green Hornet . . .

 

Diese Hornisse sticht!

 

Wow! The Green Hornet ist nach meinem Dafürhalten einer der unterhaltsamsten Superheldenfilme der letzten Jahre. Der temporeiche, lässig inszenierte Film sprüht nur so vor Witz und nimmt jede Menge Superhelden-Klischees augenzwinkernd auf die Schippe. Dabei ist der Film aber keine blöde Parodie, die ihre Helden rettungslos veralbert. Stattdessen bietet er einen grellen Comicstrip und würzt das Ganze mit jeder Menge Schalk. Und auch die Action ist grandios choreografiert und steigert sich in immer absurdere Höhen. Volltreffer!

 

Green Hornet war vor der Verfilmung von 2011 in Europa ein eher unbekannter Superheld. Dabei ist er einer der ältesten Superhelden überhaupt: Sein Debut (von Beginn an mit Kato) hatte er nicht in einem Comicstrip wie seine zahlreichen Kollegen, sondern in einer von George W. Trendle und Fran Striker produzierten Radioshow, die am 31. Januar 1936 erstmals ausgestrahlt wurde. Superman debutierte dagegen erst im Juni 1938, Batman im Mai 1939. Insbesondere Batman wurde nicht unwesentlich von Green Hornet inspiriert, denn genau wie Britt Reid ist Bruce Wayne ein schwerreicher Playboy, der sich in der Nacht in einen maskierten Rächer verwandelt, beide Helden haben einen schlagkräftigen “Sidekick” (Kato bzw. Robin), und beide fahren ein getuntes Superauto (“Black Beauty” bzw. das Batmobil).

 

Die Green Hornet-Radioshow wurde bis 1952 ausgestrahlt, während Green Hornet bald auch als Comic erschien und in zwei Universal-Kinoserials (1940 und 1941) verfilmt wurde. Besonders einflussreich aber war die ABC-TV-Serie The Green Hornet, die 1966/67 produziert wurde und es auf 26 Folgen brachte. Van Williams spielte Britt Reid/Green Hornet und als Kato brillierte kein Geringerer als Kung-Fu-Legende Bruce Lee. In der Serie trugen Green Hornet und Kato erstmals Halbmasken (zuvor waren ihre Gesichter vollständig maskiert) und kurvten mit einem getunten, schwarzen Chrysler Imperial Crown herum. Es ist vor allem diese Serie, die der Kinofilm mit viel Liebe zum Detail zitiert.

 

Die Green Hornet-Serie war bei Weitem nicht so albern wie die gleichzeitig gedrehte, berühmt-berüchtigte TV-Serie Batman mit Adam West in der Hauptrolle (und in der Green Hornet und Kato übrigens auch einen Cameo-Auftritt hatten). Vom ernsthaften Ton der Serie hat sich der Kinofilm allerdings meilenweit entfernt – was vielen puristischen Fans des grünen Rächers erwartungsgemäß sauer aufstieß. Der Streifen ist eine knallige Action-Komödie voller Ironie und ruppigem, öfters auch unter der Gürtellinie angesiedeltem Humor. Ihr Witz ist am ehesten mit den beiden Ironman-Verfilmungen mit Robert Downey Jr. zu vergleichen, wenngleich Hauptdarsteller Seth Rogen als Britt Reid nie die arrogante Coolness von Downey Jr./Tony Stark erreicht und sich der Film gegen Ende hin immer schrillere Gags erlaubt, während die Ironman-Filme stärker auf Melodramatik setzen.

The Green Hornet (USA 2011) Szenenbild mit Jay Chou und Seth Brogen in Action
Kato und die grüne Hornisse in Action – bzw. beim Davonrennen

Dass der Schabernack viel stärker als in anderen Superheldenfilmen im Vordergrund steht, hat natürlich mit Komiker Seth Rogen zu tun, der gemeinsam mit Evan Goldberg das Drehbuch schrieb und dem Film unverkennbar seinen Stempel aufdrückte. Wie bereits erwähnt, hat Rogens eigenwillige Interpretation von Green Hornet den Zorn vieler älterer Fans herauf­be­schworen. Auch die Filmkritiker waren mehrheitlich nicht begeistert und verrissen den Film als hohles Spektakel. Bei Rotten Tomatoes bewerteten nur 43 % der Kritiker den Film positiv. Genüsslich ritten manche Kritiker wie beispielsweise Tanya Ghahremani auch noch darauf herum, dass Seth Rogen selbst den Film als ein “fucking nightmare” bezeichnet habe. Tatsächlich aber bezog sich Rogens Kritik auf die schwierigen Produktions­umstände eines Blockbusters: Das hohe Budget von 120 Millionen Dollar hatte dafür gesorgt, dass das Filmstudio Columbia und die Produzenten ständig in alles, vor allem in das Drehbuch, hineingeredet hätten. Hätte er freiere Hand gehabt wie bei seinen anderen, billigeren Filmen, so erklärt Rogen, wäre The Green Hornet noch weitaus anarchischer und subversiver ausgefallen. Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Veranstaltung dann noch gefallen hätte. Denn Seth Rogen zählt wahrlich nicht zu meinen Lieblingskomikern; sein derber, oft zweifelhafter Humor hätte den Film leicht ruinieren können. Aber meine Befürchtung erfüllte sich gottlob nicht: In The Green Hornet sitzt wirklich jeder Gag und jeder coole Spruch.

 

Rogen spielt Britt Reid als groß gewordenes Kind mit aufgeblasenem Ego und unangebrachtem Machogehabe, das ganz aus dem Häuschen ist, als es mithilfe Katos „Superheld spielen“ darf, sich bei seinem ersten Einsatz gegen eine Gang von schweren Jungs aber beinahe vor Angst in die Hosen macht. Er ist ein narzisstischer Arsch, und ein Arsch bleibt Reid auch bis zum Schluss des Films. Hierin liegt auch mein schwerwiegendster Kritikpunkt. Reids späte Anerkennung von Katos Leistung und seine heroische Wandlung wird zu unvermittelt hingerotzt, als dass man sie dem Egomanen abkaufen will. Und doch – seine kindische Begeisterung fürs Heldspielen, seine Lebendigkeit und Schlagfertigkeit machen ihn gleichzeitig irgendwie auch symphatisch.

 

Der aus Taiwan stammende Jay Chou, von Haus aus eigentlich ein erfolgreicher R&B- und Rapsänger, brilliert in seiner Rolle als besonnener Kato und stellt dabei sein komödiantisches Talent unter Beweis. Die Chemie zwischen Rogen und Chou stimmt und ist die wichtigste Säule, die den Film trägt. Ein Großteil der Komik baut auf dem Spannungs­ver­hält­nis zwischen dem ungleichen Heldenpaar auf. Reid pocht eifersüchtig darauf, dass er der Held und Kato nur sein “Sidekick” sei, obwohl er im Grunde zutiefst neidisch auf Katos außerordentliche Fähigkeiten ist. Kato hingegen ist so cool, dass er es nicht nötig hat, das irgendwie zu betonen. Tatsächlich wissen beide, dass Kato fast allein verant­wort­lich für den Erfolg des Projekts „Green Hornet“ ist. In einem der komödiantischen Höhepunkte des Films geraten Reid und Kato in Streit und liefern sich einen minutenlangen Kampf, in dem unter anderem ein Tischkicker, eine Ritter­rüstung, eine Kühlschranktür und ein TV-Gerät zum Einsatz kommen.

 

Ein weiteres Highlight des Films ist Christoph Waltz als finsterer Schurke Chudnofsky mit doppelläufigem Schießeisen und osteuropäischem Akzent, dem es einfach nicht gelingen will, auf seine Opfer „gruselig“ zu wirken, obwohl er der unterkühlteste Killer von ganz Los Angeles ist. Cameron Diaz als Reids Sekretärin Leonore Case spielt die weibliche Hauptrolle und das love interest von Reid und Kato. Zu einer Romanze kommt es jedoch nicht, und auch sonst hat Diaz’ Rolle im Film nur geringes Gewicht.

 

Regie führte der Franzose Michel Gondry (geb. 1963), der seine Karriere als Musikvideofilmer begann und 2001 ins Spielfilmfach wechselte. Für das Drehbuch seines Films Vergiss mein nicht! (2004) gewann er bereits einen Oscar. The Green Hornet ist sein erster Blockbuster. Gondry meisterte die Aufgabe mit Bravour. Der Film ist temporeich, ohne zu hektisch zu werden und den Zuschauer zu überreizen, und fährt spektakuläre Comic-Action vom Feinsten auf, die gekonnt auf den Punkt getimt ist und am Ende darin gipfelt, dass Green Hornet und Kato mit ihrem Chrysler, der in der Mitte halbiert ist, durch die Redaktion des Daily Sentinel pflügen, während ihnen die blauen Bohnen von Chudnofskys Häschern um die Ohren fliegen.

 

The Green Hornet ist eine augenzwinkernde, stellenweise brüllend komische Superhelden-Actionkomödie mit symphatischen Helden, überzeugenden Darstellern und auf Hochglanz polierten Actioneffekten. Gewiss ist der Film keine tiefschürfende Meditation über verdüsterte, innerlich zerrissene Superhelden in der Art der Batman-Filme von Christopher Nolan. Viele vermissen hier den „erwachsenen Tiefgang“, der neuerdings zum Anspruch des Genres gehört. Dafür bietet The Green Hornet rasante und stilsichere Blockbuster-Unterhaltung vom Feinsten.

 

 

© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 14. Februar 2016