Starship Troopers (USA 1997)
Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: Ed Neumeier, nach dem Roman Starship Troopers (1959) von Robert A. Heinlein (1959)
Darsteller: Casper van Dien (Johnny Rico), Denise Richards (Carmen Ibanez), Dina Meyer (Dizzy Flores), Neil Patrick Harris (Carl Jenkins), Jake Busey (Ace Levey), Michael Ironside (Jean Raczak), Patrick Muldon (Zander Baraclow), Clancy Brown (Sergeant Zim) u. a.
Companies: TriStar Pictures, Inc. und Touchstone Pictures
Produzenten: Jon Davison, Alan Marshall
Laufzeit: 124 Minuten; Farbe
Premiere: 4. November 1997 (USA); 29. Januar 1998 (Deutschland)
In der Zukunft hat sich die sich ins All ausbreitende Menschheit zur „Terranischen Föderation“ vereinigt, einem straff organisierten Staatswesen, in dem das Militär einen hoch geachteten Stellenwert – und de facto die Macht – innehat. Die in der gesamten Galaxis operierenden Streitkräfte führen seit Jahren einen erbarmungslosen Krieg gegen die „Bugs“, riesigen Käfern vom Planeten Klendathu, die die Erde und die von Menschen besiedelten Welten – angeblich – immer wieder mit gelenkten Asteroiden bombardieren. Die Gründe der vermeintlichen Aggression sind unklar; bislang ist es noch nie gelungen, eine vernünftige Kommunikation mit den Bugs herzustellen. Der Krieg führt zu ständigem Personalmangel bei den Streitkräften, die daher in Medienkampagnen mit patriotischen Werbeclips massiv um neue Rekruten werben.
Der in Buenos Aires lebende Johnny Rico, ein blendend aussehender Achtzehnjähriger aus reicher Familie, macht sich am Ende seiner Schulzeit zunächst nicht viele Gedanken über seine Zukunft. Da jedoch seine gleichaltrige Freundin Carmen fest entschlossen ist, zum Militär zu gehen und Raumschiffpilotin zu werden, entscheidet sich Rico ebenfalls dazu, für zwei Jahre in die Armee einzutreten – gegen den Willen seiner Eltern. Vom Rekrutierungsbüro wird Rico der Mobilen Infanterie zugewiesen, die stets an vorderster Front zu kämpfen hat. Der Drill im Ausbildungslager ist hart und brutal; zahlreiche Rekruten quittieren daher vorzeitig den Dienst und verlassen das eingezäunte Ausbildungscamp durch das „Versagertor“. Auch Rico beginnt bald, an seiner Entscheidung für den Militärdienst zu zweifeln. Erst gibt Carmen ihm per Videobotschaft den Laufpass, um für ihre Karriere bei der Navy ungebunden zu sein. Später kommt durch Ricos Fehlverhalten während einer Gefechtsausbildung ein Kamerad versehentlich ums Leben, wofür Rico mit zehn Peitschenhieben am Schandpfahl bestraft wird. Er will schon den Weg durch das „Versagertor“ antreten – da wird seine Heimatstadt von den Bugs mit einem Asteroiden bombardiert und völlig vernichtet. Voller Zorn entscheidet sich Rico, es den Bugs heimzuzahlen und bei der Truppe zu bleiben.
Die Zerstörung von Buenos Aires beantwortet die Föderation mit einem massiven Großangriff auf die Heimatwelt der Bugs. Rico und seine Kameraden werden auf dem Planeten abgesetzt und geraten rasch in ein gnadenloses Gemetzel, in dem Horden von Bugs über die Invasoren herfallen und in Stücke reißen. Die Operation gerät zum Fiasko, und Rico wird schwer verwundet. Nach seiner Genesung ist er jedoch beim nächsten Angriff wieder dabei, der diesmal das Ziel hat, einen der intelligenten „Brain-Bugs“ gefangen zu nehmen. Im Gefecht sieht Rico auch Carmen wieder . . .
Brachiale Propaganda: Heinleins Soldatenstaat
1959 veröffentlichte Robert A. Heinlein (1907–1988) mit Starship Troopers eines der umstrittensten Werke der Science-Fiction-Literatur. Eher eine politische Streitschrift denn ein Roman, rechtfertigte Heinlein darin das Modell einer zukünftigen Verfassung, nach der Mitglieder der Gesellschaft nur dann das passive und aktive Wahlrecht erhalten und damit zu juristisch vollwertigen Bürgern werden, wenn sie zuvor eine freiwillige militärische Dienstzeit abgeleistet haben. Nur Berufssoldaten, Reservisten und Veteranen sind jener Verfassung gemäß für die Gesellschaft von wirklichem Wert, da sie mit dem Militärdienst ihre Bereitschaft bewiesen hätten, im Falle eines Krieges die Gesellschaft zu verteidigen und eventuell auch für sie zu sterben. Jene dagegen, die nicht gedient haben, bleiben Subjekte zweiter Klasse, denen jedes politische Mitspracherecht verwehrt ist. Die Erzählhandlung um den jungen Rekruten Johnny Rico gerät neben Heinleins ideologischen Diskursen, die den gesamten Roman durchziehen, fast zur Nebensache; sie dient nach dem Muster eines juvenilen Bildungsromans vor allem als veranschaulichendes Exempel.
Robert A. Heinlein hatte sich schon in seinen früheren Werken als eisenfressender Militarist ausgewiesen; in Starship Troopers nimmt seine obsessive Anbetung der Gewalt als vermeintliche Essenz der menschlichen Natur und Lösung aller Probleme schrille faschistoide Züge an: Die im Buch propagierte soldatische Gesellschaft lehnt die Demokratie ausdrücklich ab und verspottet alles Zivile als verweichlicht und unmännlich. Die rohen und menschenverachtenden Gepflogenheiten in der Mobilen Infanterie werden dabei von Heinlein allen Ernstes als vorbildliche Schule fürs Leben gefeiert. Ideologische Indoktrination ist in den Schulen an der Tagesordnung und wird den Schülern als „Moralphilosophie“ und „exakte Wissenschaft“ verkauft, die keinen Einwand gelten lässt. Peitschenhiebe für Missetäter und der Tod durch den Strang für Triebverbrecher und Deserteure sind für Heinlein sinnvolle strafrechtliche Mittel.
So entschieden der Roman seit Jahrzehnten von Kritikern abgelehnt wird, so leidenschaftlich wird er auf der anderen Seite von einer erstaunlich großen Heinlein-Fangemeinde verteidigt. Zu ihr zählen auch bekannte Science-Fiction-Schriftsteller, beispielsweise John Scalzi (geb. 1969), der seinen gefeierten Debutroman Krieg der Klone (2005) als ausdrückliche Hommage an Starship Troopers angelegt hat. Die weit verbreitete Verehrung Heinleins, die sich sogar dazu versteigt, dem Idol und seiner gewaltvergötzenden und antidemokratischen Ideologie „philosophische Intelligenz“ zu bescheinigen (Scalzi), ist eine der seltsamsten und beunruhigendsten Erscheinungen der Science-Fiction-Szene.
Starship Troopers zu verfilmen, stellte somit eine spannende Herausforderung dar. Es konnte nicht nur darum gehen, knallharte Marines bei heroischen Gefechten auf fremden Planeten zu zeigen, wie das bereits James Cameron in Aliens (1986) getan hatte. Vielmehr war es unumgänglich, zu den Aussagen des Romans Stellung zu beziehen. Regisseur Paul Verhoeven (geb. 1938) und Drehbuchautor Ed Neumeier (geb. 1957), die zehn Jahre zuvor mit der großartigen Satire Robocop (1987) einen der besten Science-Fiction-Filme der Achtzigerjahre abgeliefert hatten, wählten den einzig richtigen Ansatz: Sie nahmen Heinleins waffenklirrende Propaganda beim Wort, überzeichneten sie maßlos bis ins Absurde und machten aus ihr eine grelle satirische Farce. Dass sie damit die Empörung der Heinlein-Fans entfachen würden, war von vornherein klar, stört aber auch nicht weiter, denn eine werktreue Verfilmung, die Heinleins Ideologie unterschriebe, wäre eine kaum zu ertragende Zumutung. Ursprünglich war das Filmprojekt sogar nur locker an den Roman angelehnt gewesen und hatte den Titel Bug Hunt tragen sollen. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, wurden schließlich doch noch die Filmrechte an Starship Troopers erworben und das Drehbuch nun enger an den Roman angeglichen. Heinlein-Fans schäumten, als Paul Verhoeven sogar freimütig zugab, den Roman überhaupt nicht gelesen zu haben – schon nach wenigen Kapiteln war er „gelangweilt“ und „deprimiert“ gewesen und hatte es sein lassen. Ich kann ihn verstehen.
Puristen halten die Unterschiede zwischen Film und Roman für gravierend – tatsächlich sind sie nebensächlich. So ist Johnny Rico im Roman Filipino statt Argentinier, und Dizzy Flores ist ein männlicher Kamerad, der schon im ersten Gefecht stirbt. Ricos Vater kommt nicht bei einem von den Bugs gelenkten Asteroideneinschlag um, sondern nimmt sich an seinem Sohn ein Beispiel und tritt gegen Ende des Romans selbst begeistert in die Armee ein. Die komplette Liebesgeschichte um Johnny, Carmen, Dizzy und den Piloten Zander ist im Roman nicht enthalten. Im Film dienen anders als im Buch auch Frauen in der Mobilen Infanterie. Und vor allem fehlen im Film die von Heinlein-Fans so geliebten High-Tech-Rüstungen, in denen die Infanteristen vom Orbit über dem Einsatzplaneten aus wie Fallschirmspringer abgeworfen werden.
In den Gründzügen der Handlung hält sich der Film jedoch durchaus an die Vorgaben des Buchs und bildet auch die faschistoide Ideologie getreu ab. Wenn Verhoeven und Neumeier dabei vieles überzeichnen und manches hinzufügen, ziehen sie damit nur die Konsequenzen, die sich aus Heinleins Roman ergeben und dort geflissentlich ignoriert wurden. Die Terranische Föderation ist im Buch wie im Film die Vereinigung der gesamten Welt unter einem militaristischen Regime, das die Demokratie zeitgenössischen westlichen Zuschnitts abgelöst hat. Das Wahlrecht eröffnet zwar theoretisch einen Zugang zur herrschenden Kaste der Veteranen, der jedoch strikt kontrolliert zu sein scheint und mit besagtem Begriff der Demokratie, der sowohl im Buch als auch im Film von Ricos Lehrern offen diffamiert wird, nicht viel gemein hat. Der Lehrer und kriegsversehrte Veteran Raczak erklärt am Anfang des Films vor Ricos Schulklasse, dass vor Generationen „die Demokratie versagt“ habe und „die Sozialwissenschaftler“ die Welt beinahe ins Chaos gestürzt hätten; erst die Herrschaft der Veteranen habe die Stabilität wiederhergestellt – eine Szene, die direkt Heinleins Roman entnommen ist. Die deutsche Synchronfassung hat in dieser Szene Raczaks Aussagen absichtlich verfälscht und spricht nur unverfänglich von der „politischen Entwicklung“, die durch die Angriffe der Bugs beeinflusst worden sei; die Zerstörung von Hiroshima, auf die Raczak zu sprechen kommt, ist ebenso getilgt wie der Zusammenhang zwischen dem „Federal Service“ – dem Militärdienst – und dem Wahlrecht.
Raczak deklamiert vor seinen Schülern das Glaubensbekenntnis der Terranischen Föderation: „Macht, meine Freunde, ist Gewalt – die überragende Autorität, von der sich jede andere Autorität ableitet“. Der freiwillig geleistete Militärdienst ist auch im Film eine zwingende Pflicht, wenn man das passive und aktive Wahlrecht erhalten will und eine politische Karriere anstrebt; darüber hinaus ist er – in bissiger Überspitzung von Heinlein – sogar für die Lizenz notwendig, Kinder zu kriegen. Die Insignien der Terranischen Föderation sprechen eine eindeutige Sprache: Das Emblem ihres Banners sieht aus wie die Verschmelzung eines Hakenkreuzes mit einem Adler – dem Reichsadler? dem amerikanischen Bundesadler? –, das Parlament der Föderation lässt an Reichsparteitage der NSDAP denken, und die schwarzen Uniformen des militärischen Geheimdienstes, dem Carl beitritt, sind den ledernen Offiziersmänteln der Wehrmacht, der Gestapo und der Waffen-SS nachempfunden.
Der wahre Geniestreich des Films aber liegt nicht in der satirischen Überführung Heinleins, sondern in der Subversivität, mit der Verhoeven und Neumeier ihre gewaltverliebte Terranische Föderation dem Publikum von heute als Spiegel vorhalten – und das ist es auch, worum es ihnen eigentlich geht.
Faschisten im All: Verhoevens ewiger Krieg
Die Satire wurde oft nicht erkannt und wird in einigen Szenen auch hintertrieben, weshalb der Film ein geteiltes Echo hervorrief und sich vielfach den Vorwurf gefallen lassen musste, dass er die Gewalt und totalitäre Ideen nicht minder verherrlichen würde als Heinleins Roman. Selbst Kritiker, die den satirischen Gehalt sahen, reagierten nicht selten mit gemischten Gefühlen. Georg Seeßlen und Fernand Jung etwa sahen das wesentliche Manko des Films darin, „dass er sich letztendlich nicht zwischen Parodie, Satire oder reinem Actionfilm entscheiden kann“, und äußerten auch ihr Unbehagen mit dem scheinbar quer zur Gewalt stehenden zynischen Humor, den sie als „eher nihilistisch als kritisch“ bezeichneten (Science Fiction, S. 452f.). Dabei verkennen sie freilich, dass gerade im Nihilismus die satirische Kritik beschlossen liegt.
Es ist leicht zu verstehen, wie Urteile dieser Art entstehen konnten. Vordergründig ist Starship Troopers ein tricktechnisch brillantes Big-Budget-Actionspektakel, voller schockierender Gewaltexzesse, adrenalingeschwängertem Kampfgeschrei und zähneknirschendem Heldentum, untermalt mit triumphaler Musik und Fanfaren. Nirgendwo wird Distanz geschaffen und eine kritische Brechung herbeigeführt – selbst im blutigen Gemetzel nicht, das alle Figuren im Film bereitwillig als militärische Notwendigkeit akzeptieren und das unauflöslich mit Bildern heroischer Soldatenspiele verschränkt wird, die jedwedem Egoshooter-Game entstammen könnten. Der grauenvolle Blutzoll ist kaum von Belang, was zählt, ist der Sieg. Starship Troopers gebärdet sich als perverse Steigerung harter Kino-Action in hochfahrender Top Gun-Manier, bedient die Erwartungshaltung eines gewaltgeilen Publikums im Übermaß und führt ihm dabei die manipulativen Mechanismen seines unkritischen Medienkonsums vor. Tatsächlich ist jedes Bild des Films Verstellung, der gesamte Film ein auf Hochglanz polierter, frenetischer Propagandastreifen eines aggressiven, kriegstreiberischen Systems.
Am deutlichsten ist die satirische Überzeichnung in den eingestreuten Fernsehausschnitten der „Federal Networks“ markiert, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Medien in der Terranischen Föderation gleichgeschaltet sind und von der Staatsmacht kontrolliert werden. Patriotische Werbefilme der Mobilen Infanterie, die Leni Riefenstahls Triumph des Willens (1935) nachempfunden sind, lösen sich ab mit News und Berichten über die Bugs und das Kriegsgeschehen, die dieselbe Propagandafunktion haben wie seinerzeit die Wochenschauen im Dritten Reich. Unter diesen Vorzeichen werden sämtliche Meldungen und Behauptungen der FedNet fragwürdig. Sind die Bugs wirklich die Aggressoren, die den Krieg ausgelöst haben? Sind sie wirklich nur Monstren, die nichts anderes als die Vernichtung verdienen und die Carl deshalb zynisch vor laufender Kamera abknallen darf? Sind die Bugs wirklich in der Lage, Asteroiden quer über die Galaxis auf die Erde zu lenken, wie die Propaganda behauptet, haben sie wirklich Buenos Aires und andere Städte auf der Erde zerstört? Man bedenke: Die Bugs selbst waren nie auf einer Menschenwelt erschienen – der Zuschauer sieht hingegen stets die Armee der Föderation in Buggebiete eindringen, hunderttausende Lichtjahre von der Erde entfernt. Dem Zuschauer werden außerdem die grausam zerstückelten Leichen einer mormonischen Gemeinde gezeigt, die sich fatalerweise auf einer Bugwelt niedergelassen hatte, doch er erfährt nicht, ob die Mormonen dort vor dem totalitären System der Föderation Zuflucht gesucht hatten oder von der Föderation zur Ansiedlung ermutigt wurden, damit später ihre Ermordung durch die Bugs eine bequeme Rechtferigung für „Vergeltungsmaßnahmen“ – tatsächlich einen Angriffskrieg – lieferte.
Von brillanter Doppelbödigkeit ist auch das blendend schöne Teenager-Personal, das Verhoeven dem Publikum als Identifikationsfiguren anbietet. Die Identifikation funktioniert auch hier über eingeschliffene Muster des modernen Medienkonsums und bleibt trivial und oberflächlich: Johnny, Carmen und Dizzy mitsamt ihren rührselig-amourösen teenage tragedies wirken, als seien sie direkt aus einer gelackten Soap-Serie wie Beverly Hills 90210 oder Melrose Place importiert worden. Ebenso könnten sie auch aus den FedNet-Werbeclips der Mobilen Infanterie stammen – zwischen den Figuren im Film und den Figuren in den Clips gibt es nicht den geringsten Unterschied. Johnny und seine Freunde sind genau so, wie die Infanterie ihre Helden haben will: makellos, grenzenlos naiv, diszipliniert – und williges Kanonenfutter. Am Ende des Films ist Johnny Rico zu einer hirnlosen Kampfmaschine degeneriert; das letzte, was wir von ihm hören, ist sein anfeuernder Schlachtruf: „Hunde, wollt ihr ewig leben?“, mit dem er sich enthusiastisch ins nächste Gefecht stürzt – in eine unablässige Folge von Gefechten, die, so scheint es, nie ein Ende finden wird. „Sie kämpfen weiter!“, verkündet die FedNet-Propaganda in goldenen Lettern in der Schlusseinstellung – was sich auch übersetzen ließe mit: „Sie haben nichts dazugelernt“.
Es wurde oft argumentiert, dass der Film in seiner radikalen Distanzlosigkeit zu hintergründig, zu gerissen das Publikum hinters Licht führe – und deshalb in seiner satirischen Absicht gescheitert sei. Und nicht wenige Kritiker haben das Vorurteil hinzugefügt, dass Paul Verhoeven letztlich nur daran interessiert gewesen sei, seine unbekümmerte Lust an deftigen Splatterorgien auszutoben. Wer jedoch genauer auf die vielen Hinweise im Film achtet und die Medienkritik erkennt, die in ihm enthalten ist – einem hurrapatriotischen Kriegsfilm aus der Zukunft –, kommt nicht umhin, die satirische Attacke auf das Publikum selbst und die politischen Fehlentwicklungen seit dem Zusammenbruch des Ostblocks anzuerkennen. Die Terranische Föderation in Starship Troopers ist die Karikatur eines aggressiven, vor militärischer Kraft strotzenden und an machtpolitischer Hybis leidenden Imperiums, das seine Bevölkerung medial effizient auf die eigene Politik eingeschworen hat. Dass damit die zeitgenössische Supermacht USA gemeint war, wie Paul Verhoeven selbst freimütig erklärte, und gleichzeitig Hollywood für seine martialischen stählernen Träume eine längst überfällige Ohrfeige kassierte, mag vielen Zuschauern entgangen sein, dürfte aber auch so manchem, dem die satirische Aussage dämmerte, saurer aufgestoßen sein als die gezeigte harte Gewalt. Auch dies hat zur schlechten Presse des Films beigetragen.
Der amerikanische Science-Fiction-Kritiker Glenn Erickson bemerkte in seiner exzellenten Besprechung vom 18. August 2008 dazu, dass es die amerikanischen Kinobesucher 1997 nicht mochten, „dass ihnen gesagt wurde, sie seien die Bauern eines aggressiven Imperiums“. Mehr noch: Starship Troopers sei ein Film, „der aussagt, dass wir bereits beinahe so sind wie Nazis“ (DVD Savant). Eine wenig schmeichelhafte Provokation, noch dazu von einem europäischen Regisseur – es war praktisch unvermeidlich, dass Starship Troopers damit ein gespaltenes Echo ernten würde. In Hinblick auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak, den die USA unter massiven Lügen im März 2003 begannen, geführt in dem Selbstverständnis, nunmehr die einzige Supermacht der Welt zu sein, die ihre Hegemonialansprüche ungehindert überall durchsetzen kann, und begleitet von einer nahezu hysterischen Propagandaschlacht für den Krieg, die in den US-amerikanischen und sogar den europäischen Medien geführt wurde, wirkt Starship Troopers freilich entlarvend prophetisch.
„Das ganze Gehirn weggelutscht“: Der Popcorn-Faktor
Das Gros des Publikums dürfte, wie bereits ausgeführt, Starship Troopers als hirnloses, aber verdammt gut aussehendes, bombastisches Science-Fiction-Actionspektakel konsumiert haben. In dieser Hinsicht geben sich die Beteiligten der exzellenten, wirklich auch verführerisch „schön“ anzusehenden Produktion wahrlich keine Blöße. Das Budget von etwa 100 Millionen Dollar wurde zu einem erheblichen Teil in großartige Setdesigns und aufwendige CGI-Tricks gesteckt, die vom zweifachen Oscarpreisträger Phil Tippett (geb. 1951) entworfen wurden. Tippetts verschiedene Käferarten, die in uferlosen Schwärmen die Wüstenlandschaften ihrer Welten füllen, über die Infanteristen herfallen und sie mit riesigen Zangenkiefern aufspießen, zerhacken und zerstückeln, sind visuell perfekt und stehen in ihrer Qualität den CGI-Tricks zeitgenössischer Filme in nichts nach. Die Raumschiffflotte im All wirkt eine Spur künstlicher, war anno 1997 aber auf der tricktechnischen Höhe der Zeit und liefert allemal schönes Augenfutter – von den mächtigen, an Star Wars erinnernden Schlachtschiffen über das aus Mondbasis Alpha 1 (1975/76) zitierte Design der Mondstation bis hin zum künstlichen Ring um den Mond, der der Flotte als Stützpunkt dient.
Lob verdienen auch die Schauspieler. Die unverschämt gut aussehenden Darsteller Casper van Dien (geb. 1968), Denise Richards (geb. 1971) und Dina Meyer (geb. 1968) verkörpern perfekt die medialen, sentimental aufgeladenen Klischees von Yuppie-Teenagern und eifrig bemühten Rekruten; van Dien darf darüber hinaus als Parodie des naiven, aber heldenhaften all american boy glänzen. Michael Ironside (geb. 1950) gibt eine glänzende Vorstellung als ideologischer Veteran vor Ricos Klasse sowie als eisenhartes, zynisches Kampfschwein im Gefecht, das für die jungen Soldaten zur Vaterfigur wird.
Problematisch sind eine Reihe von militärischen Lächerlichkeiten, die der Film besser vermieden hätte. So fliegt die Schlachtflotte der Föderation im Orbit über der Heimatwelt der Bugs unnötigerweise in einer derart engen Formation, dass jedes bombardierte und havarierte Schiff zwangsläufig in ein benachbartes Schiff kracht. Die Kriegsführung erscheint in vielen Hinsichten unsinnig: Die Infanteristen sind fast immer ganz auf sich allein gestellt und verfügen nicht einmal über Fahrzeuge, geschweige denn über Artillerie; nur in einer Szene werden Luftstreitkräfte gezeigt, die ansonsten fehlen. Außerdem wirkt die Bewaffnung der Infanteristen viel zu schwach – für jeden einzelnen Bug müssen ganze Magazine von Gewehrkugeln leergeschossen werden, bevor der Gegner zusammenbricht. In einer Szene werden Infanteristen gezeigt, die sich in einem Kreis (!) um einen Haufen Bugs aufgestellt haben und diese zusammenschießen – offenbar ohne Sorge darüber, dass sie dabei versehentlich die eigenen Kameraden treffen könnten. Besonders albern ist, dass gegen Ende des Films erst Carmens Schulter durchbohrt wird, sie aber schon wenige Augenblicke später, noch mit blutbeschmierter Uniform, wieder voller Freude strahlt und mit Rico und Carl die Gefangennahme des Brain-Bug feiert. Gewiss – in das ständige Geballer der Infanteristen ließe sich eine satirische Übertreibung schießwütiger Kriegsfilme hineinlesen, und Carmens Verwundung ist womöglich ganz bewusst verharmlost worden. Für meine Begriffe aber hätte eine realistischere Darstellung der Gefechte und Verwundungen die Wirkung des Films gesteigert. Zuguterletzt ist der Asteroideneinschlag in Buenos Aires völlig unglaubwürdig – ein Asteroid von solcher Größe wie im Film gezeigt hätte die Stadt regelrecht atomisiert und den gesamten Planeten in Mitleidenschaft gezogen.
„Sie kämpfen weiter!“
Paul Verhoevens Starship Troopers ist eine clevere Groteske; für Fans von Robert A. Heinlein gotteslästerlich, für alle anderen Science-Fiction-Aficionados eine Sternstunde. Aufgrund der zwiespältigen Kritiken und dem schlechten Einspielergebnis hatte Paul Verhoeven seine Hoffnungen auf ein Sequel leider aufgeben müssen. Stattdessen führten Verhoevens Mitstreiter die Saga in zwei deutlich billigeren Direct-to-DVD-Fortsetzungen fort: In Starship Troopers 2: Held der Föderation (2004) führte Phil Tippett, in Starship Troopers 3: Marauder (2008) Ed Neumeier die Regie; in Marauder trat auch Casper van Dien als Johnny Rico wieder auf. Daneben entstand 1999 mit Roughnecks: The Starship Troopers Chronicles eine 36 Episoden umfassende animierte TV-Serie, die von Paul Verhoeven und Richard Reynis produziert wurde. Der Mythos von Verhoevens Film wurde zuletzt in Starship Troopers: Invasion (2012) von Shinji Aramaki wiederbelebt, einem animierten Spielfilm mit Casper van Dien als ausführendem Produzent.
Schließlich ist zu vermelden, dass es seit 2011 recht konkrete Pläne für eine Neuverfilmung von Starship Troopers gibt, die sich möglicherweise enger an Heinleins Roman halten könnte. Produzent Neal H. Moritz, der 2012 bereits an der Neuverfilmung von Paul Verhoevens Klassiker Total Recall (1990) beteiligt war, hatte zunächst die Drehbuchautoren Ashley Edward Miller und Zack Stentz mit einem Skript beauftragt; die jüngsten Meldungen zu dem Thema vom November 2016 besagen, dass nunmehr Mark Swift und Damian Shannon das Drehbuch für Moritz, Ko-Produzent Toby Jaffe und Columbia Pictures schreiben sollen. Ob das Projekt realisiert werden wird, ist freilich noch völlig offen. Man darf gespannt sein.
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Starship Troopers (USA 1997). Regie: Paul Verhoeven. Produktion: TriStar Pictures/Touchstone. Produzenten: Jon Davison, Alan Marshall. Koproduzenten: Frances Doel, Stacy Lumbrezer, Ed Neumeier, Phil Tippett. Drehbuch: Ed Neumeier. Literarische Vorlage: Robert A. Heinlein, Starship Troopers (Roman, 1959). Kamera: Jost Vacano. Schnitt: Mark Goldblatt. Musik: Basil Poledouris. Production Design: Allan Cameron. Bauten/Art Direction: Bruce Robert Hill, Steven Wolff. Bühnenbild/Set Decoration: Robert Gould. Kostümdesign: Ellen Mirojnick. Makeup: Kevin Yagher Productions, Inc.; Mark C. Yagher (Studiomanager), Shaun Smith (Projektleiter). Spezialeffekte/Visuelle Effekte: ILM, The Tippett Studio, SPI, Boss Film Studios, Visual Concepts Entertainment, Compound Eye, Banned from the Ranch Entertainment, Amalgamated Dynamics, General Lift, 3SPACE, FORE Systems, Pixel Liberation Front, VCE, Video Image, Gene Young Effects, Mass. Illusions. Darsteller: Casper van Dien (Johnny Rico), Denise Richards (Carmen Ibanez), Dina Meyer (Dizzy Flores), Neil Patrick Harris (Carl Jenkins), Jake Busey (Ace Levey), Michael Ironside (Jean Raczak), Patrick Muldon (Zander Baraclow), Clancy Brown (Sergeant Zim), Seth Gilliam (Sugar Watkins), Rue McClanaham (Biologielehrerin), Marshall Bell (General Owen), Eric Bruskoter (Breckinridge), Matt Levin (Kitten Smith), Blake Lindsley (Katrina), Anthony Ruivivar (Shujimi), Brenda Strong (Captain Deladier), Christopher Curry (Mr. Rico), Leonore Kasdorf (Mrs. Rico) u. a. Laufzeit: ca. 124 Min.; Farbe. Premiere: 4. November 1997 (USA); 29. Januar 1998 (Deutschland)
© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 15. April 2016
Der letzte Absatz über das geplante Remake des Films wurde aktualisiert am 17. August 2017
DVD-Cover und Szenenfotos © TriStar Pictures, Inc. & Touchstone Pictures