Saturn 3 (GB 1980)
Regie: Stanley Donen
Drehbuch: Martin Amis, nach einer Story von John Barry
Kamera: Billy Williams. Musik: Elmer Bernstein.
Darsteller: Farrah Fawcett (Alex), Kirk Douglas (Adam), Harvey Keitel (Benson), Roy Dotrice (Stimme von Benson), Ed Bishop (Harding), Douglas Lambert (Captain James) u. a.
Produzenten: Stanley Donen; Eric Rattray (assoziierter Produzent); Martin Starger (ausführender Produzent)
Companies: ITC Films; Transcontinental Film Productions
Laufzeit: 88 Min.; Farbe
Alternativer Titel: Saturn-City
Premiere: 15. Februar 1980 (USA); 8. Mai 1980 (GB); 26. April 1985 (Deutschland)
Kurz bevor Astronaut Captain James von einer gigantischen Raumstation aus, die den Saturn umkreist, zu einem der Saturnmonde aufbricht, wird er vom psychopathischen Kollegen Benson ermordet. Benson nimmt unbemerkt James’ Platz ein und fliegt selbst zum Saturnmond, auf dem sich die abgelegene Forschungsstation „Saturn 3“ befindet. Die einzige Besatzung der Station besteht aus dem über sechzigjährigen Adam und der jungen, hübschen Alex. Das Liebespaar ist seit Jahren damit beschäftigt, in Gewächshäusern effiziente Methoden bei der hydroponischen Züchtung pflanzlicher Nahrung für die übervölkerte und hungernde Erde zu entwickeln. Captain James hatte in der Station einen neuartigen Roboter namens „Hector“ zusammenzusetzen sollen, der Adam ersetzen und die Forschungsarbeit beschleunigen sollte.
Adam und Alex lassen sich nur unwillig in ihrer abgeschiedenen Idylle von Benson stören. Benson hingegen erhebt unverblümt sexuellen Anspruch auf Alex, als er sie erblickt; zwar weist Alex ihn ab, doch ist nunmehr Adam zu Bensons erbittertem Gegner geworden. Auftragsgemäß baut Benson den Roboter „Hector“ zusammen – einen über zwei Meter großen metallischen Hünen – und versieht ihn mit einem Zylinder, der künstlich gezüchtetes Hirngewebe enthält. Über eine implantierte Steckverbindung an seinem Nacken stellt Benson schließlich eine Verbindung zwischen Hector und seinem eigenen Gehirn her, um so den Roboter mental zu programmieren. Fatalerweise werden damit aber auch Bensons gestörter Geist und sexuelle Gier nach Alex auf den Roboter übertragen. Hector wird für alle zur tödlichen Gefahr . . .
Ein unausgegorener Weltraum-Thriller
Saturn 3 entstand im Zuge des Space-Opera-Booms, der vom Triumph des Kassenschlagers Krieg der Sterne (1977) ausgelöst wurde. Der Boom zeitigte eine Flut von billigen Rip-Offs und Sci-Fi-Trashern, doch davon abgesehen investierten Filmstudios und Produzenten nun auch bereitwilliger denn je in sündhaft teure Science-Fiction-Filme. Mit einem Budget von stolzen 10 Millionen Dollar kostete Saturn 3 nur rund ein Viertel weniger als George Lucas’ Geniestreich. Der größte Teil des Geldes wurde in verschwenderische Sets und Designs investiert, und mit Kirk Douglas (geb. 1916) und Farrah Fawcett (1947–2009) wurden darüber hinaus ein respektabler Star und das Sexsymbol der späten Siebzigerjahre für die Hauptrollen engagiert. Im Film erhielt Fawcett reichlich Gelegenheit, ihre nur dürftig verhüllten Reize in Szene zu setzen – wobei es kurios anmutet, dass der damals 64 Jahre alte Kirk Douglas noch mehr nackte Haut zur Schau stellt als Fawcett (und dabei ziemlich fit und gesund wirkt). Genutzt hatte das alles wenig: Der Streifen wurde von den Kritikern einhellig verrissen und spielte an der Kinokasse nur mit Ach und Krach seine Produktionskosten wieder ein. Auch heute ist sich die Mehrheit der Zuschauer einig: Auf der Webseite Rotten Tomatoes erreicht der Film nur 31 % positive Stimmen (ermittelt auf der Grundlage von knapp 2700 User-Bewertungen).
Die Gründe dafür sind offenkundig: Saturn 3 ist steif inszeniert, leidet unter einem grobschlächtigen Skript und be-schämt mit Douglas’ und Fawcetts flauem Schauspiel; überdies sind die Spezialeffekte von enttäuschend schwacher Qualität. Auf der anderen Seite hat der Film für Genrefans einige interessante Elemente zu bieten, besticht mit seinen opulenten Kulissen und entfaltet eine ganz eigene, seltsam ansprechende Atmosphäre.
Saturn 3 sollte ursprünglich das Regiedebut des großartigen Production Designers John Barry (1935–1979) werden, der Filme wie Uhrwerk Orange (1971) und Superman (1978) gestaltet hatte und für seine Arbeit an Krieg der Sterne (1977) mit dem Oscar geehrt worden war. Während Barry mit dem Regisseur Stanley Donen (geb. 1924; Singin’ in the Rain, Charade, Arabesque) am Film Abenteuer auf der Lucky Lady (1975) zusammenarbeitete, erzählte er Donen von seiner Idee zu einem Horror-Science-Fiction-Film, der sich vielleicht als Low-Budget-Produktion realisieren ließe. Donen hatte selbst kein besonderes Interesse, einen Science-Fiction-Film zu drehen oder zu produzieren, doch war er bereit, seinem Freund unter die Arme zu greifen. Er ermunterte Barry, einen Entwurf für das Drehbuch zu schreiben; diesen ließ er später vom Drehbuchautor Martin Amis ausarbeiten und gab Amis’ Drehbuch schließlich an den TV- und Filmproduzenten Lew Grade (1906–1998) weiter.
Grade hatte zuvor schon die TV-Serien UFO (1970/71) und Mondbasis Alpha 1 (1975–1977) produzieren lassen und war für das Science-Fiction-Genre dementsprechend aufgeschlossen. Nach John Barrys glänzenden Erfolgen mit Krieg der Sterne und Superman zeigte sich Grade gewillt, die Filmidee im großen Stil zu finanzieren. Auf einem Flug von Los Angeles nach New York entdeckte Grade, dass zufällig ein paar Plätze weiter Farrah Fawcett saß, begleitet von ihrem Agenten. Grade ging hinüber, sprach Fawcett an und gab ihr Amis’ Drehbuch zu lesen. Bis zum Ende des Fluges war es ihm gelungen, Fawcetts verbindliche Zusage zu erhalten, in dem Film mitzuspielen. Nachdem Sean Connery die männliche Hauptrolle abgelehnt hatte, holte Grade mit Kirk Douglas weitere Starpower mit ins Boot. Das Drehbuch indes wurde danach noch zigmal abgeändert, von zahlreichen, im Abspann nicht genannten Autoren. Das mag ein Grund dafür gewesen sein, weshalb der Film schließlich eine so konfuse Story erzählte. Farrah Fawcett selbst hatte sich später in einem TV-Interview quasi damit entschuldigt, dass das von ihr ursprünglich im Flugzeug gelesene Skript besser gewesen sei als das, was schließlich gefilmt wurde. Steve Gallagher, der 1979 den Roman zum Film schrieb, sagte im Rückblick – reichlich salopp – darüber:
Das Drehbuch war schrecklich. Ich dachte, es sei schlecht, aber rückblickend und mit mehr Erfahrung sehe ich, wie albern es war. Das muss nicht Amis’ Fehler gewesen sein. Jahre später traf ich eine Frau, die bei der Produktion mitgearbeitet hatte, und sie erzählte mir, dass jeder Skriptdoktor in der Stadt einen nicht in den Credits erwähnten Fick mit [dem Skript] hatte; es ist also unmöglich zu sagen, ob es tot geboren oder zu Tode gebumst wurde. (zitiert nach Greg Moss’ Blog Something Is Wrong On Saturn 3)
Stanley Donen wurde von Lew Grade ursprünglich als Produzent engagiert, während Barry die erhoffte Chance erhielt, erstmals selbst Regie zu führen. Das Production Design wurde derweil Stuart Craig (geb. 1942) anvertraut, der bis dahin ein enger Assistent Barrys gewesen war. John Barry war voller Vorfreude auf die Arbeit, allerdings war Donen bereits nach zwei Drehwochen der Meinung, dass Barry der Aufgabe nicht gewachsen sei, und übernahm selbst den Regiestuhl. Nach anderen Berichten soll es auch Streit zwischen Barry und Kirk Douglas gegeben haben. Barry verließ enttäuscht das Projekt und schloss sich wieder dem Produktionsteam von George Lucas’ Das Imperium schlägt zurück (1980) an, das er ein Jahr zuvor für Saturn 3 verlassen hatte. Am bereits fertig erstellten Set der Rebellenbasis von Hoth in den Elstree Studios, das er selbst entworfen hatte, sollte er als Second-Unit-Direktor fungieren. Er wurde von der Crew von Imperium mit offenen Armen empfangen, verstarb jedoch tragischerweise schon wenige Tage später mit nur 43 Jahren an einer bakteriellen Infektion.
Stanley Donen hatte zuvor noch nie etwas mit Science-Fiction zu tun gehabt, und Saturn 3 sollte auch sein einziger Ausflug ins Genre bleiben. Für gewöhnlich ist Donens Regie schwungvoll und lebendig, doch hier fällt sie eigenartigerweise sehr stumpf aus, und der Film schleppt sich recht behäbig voran. Das Drehbuch ist spröde und befindet sich oft im Blindflug. Wesentliche Fragen bleiben offen: Weshalb ist Benson wahnsinnig? Weshalb tötet er James? Und weshalb nimmt er anschließend James’ Platz ein und vollzieht dessen Mission? Vor allem die Dialoge sind ausgesprochen hölzern und minimalistisch – sie bestehen zumeist aus wenigen kurzen Hauptsätzen, die von den Schauspielern lustlos deklamiert werden. Während Farrah Fawcett allein mit ihrem halbnackten Körper punktet und Kirk Douglas bestenfalls bemüht wirkt, gelingt Harvey Keitel (geb. 1939) als eiskalter und bedrohlicher Psychopath eine glänzende Darstellung. Seine Stimme wurde allerdings vom Schauspieler Roy Dotrice (geb. 1923) synchronisiert, da Stanley Donen angeblich Harvey Keitels Brooklyn-Akzent nicht gefiel. Die missratene Musik von Elmer Bernstein, ein Gemisch aus Elementen orchestraler Thrillermusik und ödem Synthie-Geklimper, wird häufig aufdringlich, unterstreicht aber immerhin die düstere Atmosphäre des Films.
Wirklich spektakulär und sehenswert sind die aufwendigen Bühnenbilder, die in den Shepperton Studios in Surrey gebaut wurden. Die blitzsaubere „Saturn 3“-Station mit ihren endlosen Korridoren, bunten Rohrleitungen, üppigen Computerterminals und ihrer blendenden, gerippt konturierten Decon-Schleuse ist eine Orgie an traditionellem Science-Fiction-Putz und ein Fest für die Augen. Gelungen ist auch der von Colin Chilvers (geb. 1945) gestaltete, silbrig-metallische Roboter Hector mit seinen künstlichen Venen und Arterien, die sich bei seiner Erweckung mit blauen und roten Chemikalien füllen. Lediglich sein winziger Kopf mit den beiden leuchtenden Röhrenaugen passt nicht zum Rest des Roboters und wirkt ausgesprochen lächerlich. Die Spezialeffekte sind ganz okay, können dem von Krieg der Sterne definierten state of the art aber nicht annähernd das Wasser reichen. Die matte-Malereien vom Saturn – die Jahre zuvor für die Pilotfolge von Mondbasis Alpha 1 gemalt worden waren, dort aber nie zum Einsatz kamen – und die aus Gips gemachten Miniaturen von der Oberfläche des Saturnmonds wirken primitiv, und die Raumschiffe lassen allzu deutlich erkennen, dass sie Modelle sind. Bensons Flug durch die Saturnringe (vielleicht der Versuch, den optisch enttäuschenden Flug der „Valley Forge“ durch die Saturnringe in Douglas Trumbulls Lautlos im Weltraum gelungener zu wiederholen) wurde mit Styroporbröckchen realisiert, die auf einer Wasseroberfläche schwimmen, und genau so sehen die Bröckchen im Film auch aus. Zwischen der plumpen Tricktechnik dieser Szene und dem spektakulären Flug des Millenniumfalken durch einen Asteroidengürtel in Das Imperium schlägt zurück liegen Lichtjahre! Überdies ist die Szene prinzipiell unsinnig, da jeder Raumfahrer eine Passage durch die Ringe tunlichst vermeiden würde.
In „wissenschaftlicher“ Hinsicht ist der Film recht interessant. Gewiss, neben dem dummen Flug durch die Saturnringe ärgert die dreiwöchige Abschattung des Mondes, die den Funkverkehr mit dem Rest des Sonnensystems unmöglich macht. Gibt es im Saturnsystem etwa keine Relaisstationen oder Satelliten, die derartige Unpässlichkeiten lösen würden? Aber die Idee der Überspielung des menschlichen Geistes auf den Roboter ist spannend – wenn auch nicht originär – und wird intelligent gehandhabt, etwa, wenn Benson nach der Überspielung über einen Computerbildschirm mit Hector und damit quasi mit sich selbst über seine Schuld sprich; Hector bezeichnet Benson bei der Gelegenheit mehrfach als „Mörder“. Folgerichtig führt der Film das Thema der Vernetzung fort, wenn Hector sich zuerst mit den anderen Arbeitsrobotern der Station, dann mit den Computersystemen der Station selbst verbindet. Und auch der Amoklauf Hectors ist nicht einfach eine Fehlfunktion, sondern logisch motiviert, da der Roboter die brutale Persönlichkeit seines Schöpfers überspielt bekommen hat.
Sie wissen schon: Die Zukunft ist düster
Nur wenige Monate nach dem Kinostart von Alien (1979) konnte Saturn 3 leicht den Eindruck erwecken, Ridley Scotts bahnbrechenden Science-Fiction-Schocker nachäffen zu wollen, bei dem das Monster durch den Roboter Hector ersetzt wurde. Doch abgesehen von der Tatsache, dass die Dreharbeiten zu Saturn 3 bereits im Januar 1979 begonnen hatten und die Idee zum Film noch weiter zurückreicht, ist auch ohne Kenntnis dieser Fakten unverkennbar, dass Saturn 3 mit Alien nicht viel gemein hat und stattdessen vielmehr wie ein „Prä-Krieg der Sterne“-Film wirkt. Das dystopische Grundkonzept und die bleischwere, nach „Relevanz“ heischende Symbolik sind klar vom gesellschaftskritischen Science-Fiction-Kino der späten Sechziger- und der Siebzigerjahre beeinflusst. Die Erde ist ein übervölkerter Moloch, und und die hungernde Menschheit ist moralisch degeneriert. So spricht Benson wie selbstverständlich seinen Wunsch aus, Alex’ Körper „benutzen“ zu wollen, und weist darauf hin, dass es auf der Erde strafbar sei, wenn sich eine Frau nur einem einzigen Mann vorbehält. Die Menschen tragen identifizierende Tätowierungen in Form geometrischer Zeichen an der Schläfe, ein Fingerzeig auf eine totalitär kontrollierte Zukunft à la THX 1138 (1970) oder Flucht ins 23. Jahrhundert (1976). Auch das Design des Films lässt an ältere Vorbilder denken. So ist das extrem stilisierte, poppige Bühnenbild an Bord der großen, orbitalen Raumstation, in dem die Menschen nur als choreografisch gruppierte Schattenrisse zu sehen sind und zum Teil an der Decke wandeln, visuell zwar überaus ansprechend, formal jedoch Science-Fiction-Filmen der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre verhaftet. Die opulenten Bühnenbilder der „Saturn 3“-Station erinnern auf Schritt und Tritt an Michael Andersons Flucht ins 23. Jahrhundert (1976) – wobei unterstützend hinzu kommt, dass Farrah Fawcett auch in jenem Film als Blickfang mitwirkte.
Die Filmkritik attackierte die Symbolfracht von Saturn 3 als gestelzt und lag damit auch nicht ganz falsch; in der Tat scheint die vordergründige Allegorie auf die biblische Paradiesgeschichte eher um sich selbst zu kreisen, als zu einer klaren Aussage zu finden. Andererseits ist sie ziemlich elegant und schlüssig in eine Science-Fiction-Geschichte übertragen worden, und Science-Fiction ist häufig dann am faszinierendsten, wenn sie sich mit althergebrachten Mythen beschäftigt. Adam und Alex symbolisieren Adam und Eva, ihre hydroponische Pflanzenfarm fern der Zivilisation ist ihr Garten Eden, in dem sie in unbeschwerter Eintracht leben und freimütig ihren sexuellen Gelüsten nachgehen. Benson ist die Schlange, die in das Idyll eindringt und es mit Zwietracht und Mordlust zerstört. Der zylindrische Tank mit Hectors Hirngewebe figuriert als verbotene Frucht („Nicht anfassen!“, befiehlt Benson, als Alex sich dem Tank nähert), die schließlich die „Erkenntnis“ – die Zivilisation – in Form des Roboters triumphieren lässt. Als Adam, der anfangs noch von sich behauptet, dass er „einfach nicht zeitgemäß genug für einen Mord“ sei, von Eifersucht, Hass und Mordlust gegen Benson gepackt wird, hält ihn Alex zurück – denn gäbe Adam diesen Gefühlen nach und lüde er die Schuld eines Mordes auf sich, käme dies der Vertreibung aus dem Paradies gleich. In einer der besten Szenen des Films fällt der alternde Adam splitternackt und unbewaffnet den jungen Eindringling Benson an – ein symbolischer Kampf der zum Sterben verurteilten „Natur“ von gestern gegen die dekadente „Zivilisation“ von morgen. Adam opfert später, nachdem Benson von Hector getötet wurde, sein eigenes Leben, um Hector zu besiegen und Alex zu retten, und löscht damit zugleich das alte Paradies unwiederbringlich aus. Der Film endet deprimierend, indem Alex ihren verwelkten Garten Eden verlässt und sich in den Schoß der verderbten Zivilisation, zur Erde, begibt.
Soweit die Symbolik. Und die Aussage? Dass die Zivilisation der Zukunft mit fortschreitender Technisierung der Dekadenz und Unmenschlichkeit anheimfalle und nicht erstrebenswert sei, ist eine uralte Warnung zahlreicher Werke der Science-Fiction und insofern ein Klischee, das einen Bart bis zum Saturn hat. Das bedeutet freilich nicht, dass die Verwendung des Klischees unzulässig wäre – dies zu fordern, wäre nur ignorant einem Genre gegenüber, das elementar auf seine Klischees angewiesen ist. Des Weiteren scheitert die Zivilisationsflucht in ein künstlich geschaffenes Paradies fernab der Menschheit in Saturn 3, und revolutionäre Ansätze zur Besserung der Situation auf der Erde zeigt der Film nicht auf. Es gibt kein märchenhaftes Happy End. Wo aber liegt dann der Mummenschanz, die nur vorgebliche „Relevanz“ von Saturn 3? Genau dort, wo sie auch bei Flucht ins 23. Jahrhundert zu finden ist: in der Künstlichkeit der irdischen Zukunft, die keinen glaubwürdigen Bezug zur gegenwärtigen Realität erkennen lässt. Die technologische Zukunft wird allein dafür gebrandmarkt, dass sie technologisch ist. Saturn 3 skizziert ein schemenhaftes Dystopia, ohne es aus Fehlentwicklungen unserer Zeit heraus zu erklären, und nutzt es nur als schaurig-schickes Szenario. Die unverbindliche symbolische Aussage reduziert sich so auf den Gemeinplatz, dass es mit uns bergab gehen werde – ganz sicher!
Saturn 3 scheitert in vielen Belangen. Und doch übt der Film eine eigenartige Faszination aus und atmet eine klaustrophobisch-psychotische Atmosphäre. Er prunkt mit einem superben Setdesign, entwickelt einige intelligente Ideen, und seine Symbolik ist immerhin überzeugend und stimmig gehandhabt. Mir blieb der Film noch lange im Gedächtnis haften, was immer ein gutes Zeichen ist, und er veranlasste mich, über seine Entschlüsselung zu sinnieren. Letzten Endes ist der Film ein bizarres Vergnügen – und daher für mich bei Weitem nicht der schlechteste Science-Fiction-Streifen.
Zuguterletzt will ich noch auf eine überaus empfehlenswerte Quelle zum Film hinweisen, die ich auch für meine Besprechung genutzt habe. Wer eine exzellent geschriebene, ausgesprochen detaillierte und reichhaltig mit Fotos von den Dreharbeiten illustrierte Produktionsgeschichte von Saturn 3 lesen will, der sei auf den Blog Something is Wrong On Saturn 3 von Greg Moss verwiesen. Greg Moss ist weltweit der wahrscheinlich versierteste Experte zu dem Film und hat auch den sehr ergiebigen Audiokommentar zur Bluray-Veröffentlichung des Films gesprochen.
© Michael Haul;
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 13. April 2017
Szenenfotos © ITC Films; Transcontinental Film Productions