Phantom from Space (USA 1953)
Regie: William Lee Wilder
Drehbuch: Bill Raynor und Myles Wilder
Darsteller: Harry Landers (Lt. Bowers), Ted Cooper (Lt. Hazen), Rudolph Anders (Dr. Wyatt), Noreen Nash (Barbara Randall), Steve Clark (Bill Randall), James Seay (Major Andrews), Harry Strang (Nachbar George Nelson), Bert Arnold (Darrow), Sandy Sanders (Polizist), Lela Nelson (Dr. Wyatts Assistentin Betty Evans), Michael Mark (Raffinerie-Wachmann), Dick Sands (das Phantom) u. a.
Produzent: William Lee Wilder
Company: Planet Filmways, Inc. für United Artists
Premiere: 15. Mai 1953 (USA)
Laufzeit: 72 Minuten, Schwarzweiß (auf DVD auch nachkoloriert)
Über Alaska wird ein UFO beobachtet, das sich mit 5000 Meilen pro Stunde südwärts bewegt. Vor der Küste von Santa Monica verliert sich die Spur; offenbar ist das UFO im Meer abgestürzt. Wenig später wird der Polizist Bowers zum Strand gerufen, wo ein Ehepaar und deren Freund attackiert worden sind. Der Ehemann ist tot und der Freund verletzt. Er erklärt, dass ein seltsames Wesen in einer Art Taucheranzug und Helm sie angegriffen habe – und er schwört, dass in dem Helm kein Kopf zu sehen gewesen sei.
Unterdessen versuchen Agenten der Federal Communications Commission gemeinsam mit der Polizei, eine Quelle von starken Radio- und TV-Störungen zu verfolgen, die sich vom Strand fortbewegt. Als die Polizei erfährt, dass ein behelmtes Wesen in einem eigenartigen Anzug auf einer nahegelegenen Ölraffinerie sein Unwesen treibt, alarmiert sie Washington und erhält die Anweisung, Wissenschaftler vom Griffith Institute hinzuzuziehen, die den ominösen Fall untersuchen sollen.
Auf dem Gelände der Ölraffinerie gelingt es der Polizei, den helmtragenden Fremdling in einer Werkstatt in die Enge zu treiben. Der Fremdling legt daraufhin seinen Helm und seinen Raumanzug ab – und erweist sich als unsichtbar! Ihm gelingt die Flucht, doch die Polizei kann den Helm und den hochradioaktiven Raumanzug – die Quelle der Radio- und TV-Störungen – sicherstellen und bringt beides ins Griffith Institute. Dort stellen die Wissenschaftler fest, dass der Raumanzug unzerstörbar ist. Langsam reift in ihnen die Gewissheit, es mit einem außerirdischen Besucher zu tun zu haben. Das Atemgerät im Helm offenbart, dass der Außerirdische völlig andere, giftige Gase zum Atmen benötigt. Der unsichtbare Außerirdische dringt indessen im Institut ein und versucht, seinen Raumanzug zurückzuerlangen, bevor er zu „ersticken“ droht. Die schöne Laborantin Barbara, die den Raumanzug untersucht, gerät in Gefahr . . .
Eine fade No-Budget-Veranstaltung
Der Boom des Science-Fiction-Kinos in den Fünfzigerjahren brachte bekanntlich nicht nur Klassiker und solide, spannende B-Movies hervor, sondern auch eine Flut von unglaublich dümmlichen und einfallslos heruntergekurbelten Filmen, die nicht annähernd hielten, was ihre grellen Werbeplakate und Trailer versprachen. Phantom from Space ist ein belangloser Vertreter dieser Art Filme, obgleich er einige Ansätze erkennen lässt, die ihn über das Niveau der schlimmsten Gurken der Dekade heben. Phantom from Space liegt irgendwo zwischen bemühter Ernsthaftigkeit und ärmlichem Stümpertum. Der Film möchte durchaus intelligente Science-Fiction sein – der Plot von der Machart solider Pulp-SF oder Comicstorys ist in seinen Grundzügen durchaus brauchbar. Regie und Drehbuch wollen erkennbar Spannung aufbauen und unterhalten. Doch leider scheitert der Film handwerklich so gründlich, dass beim Zuschauer keine Freude aufkommen will.
Phantom from Space ist von William Lee Wilder (1904–1982) produziert und gedreht worden, der ältere Bruder des berühmten Billy Wilder (1906–2002). Billy war bereits in Hollywood überaus erfolgreich, als William Lee sich 1945 dazu entschloss, ebenfalls in der Filmbranche Fuß zu fassen. Ihm gelang es allerdings nie, mit dem Erfolg seines Bruders auch nur annähernd gleichzuziehen. Er produzierte und drehte eine stattliche Reihe unbedeutender No-Budget-Streifen verschiedener Genres. Im Science-Fiction-Metier schuf er neben Phantom from Space auch die Filme The Snow Creature (1954), Killers from Space (1954) und The Man Without a Body (1957). Ko-Autor für den Film war William Lees Sohn Myles Wilder (1933–2010), damals knapp zwanzig Jahre alt. Myles schrieb auch an den Drehbüchern einiger anderer Filme seines Vaters mit, bevor er eine erfolgreiche Karriere als Drehbuchautor für das Fernsehen begann. In einem Interview mit Tom Weaver erzählte Myles:
Diese Filme wurden in vielleicht sechs Drehtagen gemacht – mit dem eigenen Geld meines Vaters. Keine Kredite, kein gar nichts. Er ging zur Bank, hob das Geld ab, bezahlte jeden, und sechs Wochen später war der Film im Kasten. Es wurde nie für etwas zuviel Geld ausgegeben, wie man ja sehen kann. Jede Büroszene wurde in seinem Büro gedreht. Wir hatten keine Sets, wir bauten nichts . . . Er mietete Kombis – Ford-Kombis, Chevy-Kombis –, lud alles von den Prop-Lagerhäusern oder sonstwoher ein, und los fuhren wir. Ziemlich lokal begrenzt. (zitiert nach Bill Warren, Keep Watching the Skies!, S. 657f.)
Phantom from Space ist ein fader und zäher Film. Die Versatzstücke des Plots sind zwar logisch durchdacht und passend zusammengesetzt, doch die stumpfe Regie vermag es nicht, Interesse und Spannung aufzubauen. Die wackeren, aber farblosen Schauspieler hauchen ihren schablonierten Figuren kaum Leben ein und können das Vergnügen nicht heben. Die erste Hälfte des Films ist entsetzlich langweilig, und als der Außerirdische endlich zum ersten Mal zu sehen ist – auf dem Gelände der Ölraffinerie –, wirkt er trotz des immer wieder erklingenden Wimmerns des Theremins keineswegs mysteriös oder gar schrecklich. Er trägt einen Raumanzug (der aus Endstation Mond wiederverwendet wurde) und eine Art Taucherhelm und bewegt sich ziemlich rasch, wie ein Mensch auf der Flucht. Der Zuschauer indes fragt sich, weshalb alle, die dieses Wesen bis dahin gesehen hatten, beschwören konnten, dass unter diesem Helm kein Kopf zu sehen war, denn der Helm ist nicht durchsichtig!
Der Außerirdische wird auf der Raffinerie von den Polizisten und Beamten der Communications Commission gejagt – auch dies zieht sich hin –, er verschanzt sich in einer Werkstatt, und endlich geschieht etwas Frappierendes: Der Außerirdische nimmt seinen Helm ab, und es ist kein Kopf zu sehen! Er legt den Anzug ab, und er ist unsichtbar! Die von Howard A. Anderson realisierten Tricks hierfür verdienen schon einige Anerkennung, denn während Billigproduktionen normalerweise auf die Aufhängung von Objekten an Drähten zurückgriffen, um Unsichtbarkeit darzustellen, wurde hier auch mit der aufwendigeren matte-Technik und zum Teil auch mit Stop-Motion-Aufnahmen gearbeitet.
Der großartige Science-Fiction-Klassiker Alarm im Weltall (1956) hat demonstriert, wie schrecklich ein unsichtbares Monster auf den Zuschauer wirken kann. In Phantom from Space stellt sich dagegen kein Unbehagen, sondern eher unfreiwilliges Schmunzeln ein, wenn sich Haus- und Autotüren unsichtbar öffnen und schließen oder sich plötzlich Fußspuren im Sand abzeichnen. Nichts wirkt hier schaurig, sondern nur wie fauler Budenzauber, da es Wilder nicht gelingt, eine entsprechend bedrohliche Atmosphäre zu schaffen. Das Timing passt nicht, vor allem aber fragt sich der Zuschauer unentwegt und bald auch leicht genervt, was der Außerirdische eigentlich will! Wozu das ständige Versteckspiel? Die Motive des Außerirdischen werden viel zu spät aufgeklärt.
Das Phantom aus dem All ist kein mordendes Monster, sondern ein Getriebener, der dringend seinen Raumanzug aus dem Forschungsinstitut zurückerlangen muss. Nur mit dem Atemgerät an seinem Helm, das mit seltenen Gasen gefüllt ist, kann das röchelnde Phantom überleben. Vor den Augen der attraktiven Laborantin Barbara (Noreen Nash) greift der Unsichtbare zu einer Schere – Schock! Aber statt Barbara abzuschlachten, klopft der Außerirdische mit der Schere einen Code auf einer Tischplatte, und Barbara erkennt, dass das Wesen Kontakt mit den Menschen aufnehmen will. Sie berichtet ihrem Chef Dr. Wyatt den Code. Dieser grübelt über die „mathematische Kompliziertheit“ des Codes, der wahrscheinlich eine verborgene Botschaft enthalte. Man halte sich fest: Der Code lautet „Pock! – Pock, pock! – Pock, pock, pock!“ Eine sich ständig wiederholende Folge von 1–2–3. Tja, ein derartig kompliziertes mathematisches Gebilde kann die größten Genies von Albert Einstein über Adam Riese bis hin zu Dr. Wyatt überfordern . . . Nur folgerichtig, dass die später versuchte Kontaktaufnahme mit dem Fremdling scheitert.
Aufgrund der Untersuchung des Raumanzugs ist Dr. Wyatt in der Lage, auch einige höchst interessante Beobachtungen über den Außerirdischen zu formulieren. So basiert die fremde Lebensform nicht auf Kohlenstoff wie das irdische Leben, sondern, so Wyatt, auf Silizium. Der Polizist Bowers ruft sofort aus: „Glas!“ Und Wyatt nickt: Ja, Glas ist der richtige Gedanke, denn Glas enthält auch viel Silizium. Ergo ist der Siliziumgehalt des Wesens der Grund dafür, warum es unsichtbar erscheint. Na, wenn das keine originelle wissenschaftliche Beweisführung ist!
Bis zum Showdown sind alle damit beschäftigt, in den Korridoren des Forschungsinstituts herumzulaufen und den unsichtbaren Außerirdischen zu fangen bzw. Barbara zu suchen, die vom Außerirdischen aus dem Labor entführt wurde – freilich nur, um am Ende vom Phantom wieder ins Labor zurückgebracht zu werden. Mit von der Partie ist auch Barbaras Ehemann Bill (Steve Clark), die mit Abstand lächerlichste Figur des Films. Bill trägt als einziger die ganze Zeit einen Hut und eine aberwitzige Hornbrille und wirkt damit wie eine unglaublich dämliche Clark-Kent-Parodie. Als er Barbara nicht sofort findet, schlendert er sogar mit den Händen in den Hosentaschen durchs Institut, als ginge ihn die ganze Suche nach seiner Ehefrau nichts mehr an. Und der Zuschauer kann einfach nicht glauben, dass eine Frau wie Barbara tatsächlich eine solche Knalltüte geheiratet haben soll . . .
Der Außerirdische kann seinen Helm wieder an sich nehmen (sein Anzug ist inzwischen zu Staub zerfallen – warum weiß der Teufel), doch scheinen dessen Atemluftreserven bereits aufgebraucht zu sein. Die Forscher und übrigen anwesenden Personen wissen inzwischen, dass der Außerirdische nur um sein Überleben kämpft, doch sie unternehmen nichts, um ihm zu helfen. Am Ende stürzt der Außerirdische wie ein verendetes Tier von einem großen Teleskop herab vor die Füße der Menschen. Im Tode wird er seltsamerweise sichtbar – eine unspektakuläre blasse, männliche Gestalt mit hohem Schädel und fehlenden Ohrmuscheln –, nur um kurz darauf ebenfalls zu Staub zu zerfallen (neben der Dematerialisierung in einem Energiestrahl der übliche 08/15-Tod im fantastischen Film der Fünfzigerjahre).
Es ist kurios, dass Phantom from Space in der Filmkritik und im Fandom ein gewisses begrenztes Renommee genießt, das der Film eigentlich nicht verdient hat. Beispielsweise urteilte Allmovie: “Phantom from Space is a far better film than its lurid title and skintight budget would indicate”. Science-Fiction-Enthusiast Bill Warren, der in den Fünfzigerjahren mit den Filmen aufgewachsen ist, die er in seinem Buch Keep Watching the Skies! bespricht, hat – kaum nachvollziehbar – ein ungewöhnlich mildes Urteil über Phantom from Space gefällt (S. 657f.). Er stellte fest, dass in Anbetracht des unsäglich schlechten Wilder-Films Killers from Space dieser Film noch die „high-water SF mark“ von Wilder sei. An anderer Stelle nennt er Phantom from Space “the best of W. Lee Wilder science fiction films” (Skies, S. 724). In Phil Hardys Science Fiction Filmenzyklopädie wurde dieser vermeintlich stolze Superlativ dann unkommentiert übernommen: „der beste Science-Fiction-Film von W. Lee Wilder“ (S. 148).
Man lasse sich von solch wohlklingenden Urteilen nicht täuschen: Die Neugier berechtigt allemal, sich diesen kleinen Science-Fiction-Schnellschuss einmal anzuschauen. Aber man erwarte im Vorfeld besser nicht zuviel, denn dafür ist Phantom from Space zu behäbig, zu langweilig und zu belanglos. Erfreulicherweise ist der Film allerdings 2008 in einer digital gemasterten DVD von Legend Films erschienen, die sogar eine sehr gelungene nachkolorierte Fassung enthält! Der Unterschied zu den verwaschenen früheren DVD-Ausgaben ist enorm, und so kann man sich neuerdings bei diesem Film zumindest an einem schönen, restaurierten Bild erfreuen.
© Michael Haul
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 8. Februar 2016