Mission to Mars (USA 2000)
Regie: Brian de Palma
Drehbuch: Lowell Cannon, Jim Thomas, John Thomas, Graham Yost
Darsteller: Gary Sinise (Jim McConnell), Tim Robbins (Woody Blake), Don Cheadle (Luke Graham), Connie Nielsen (Terri Fisher), Armin Mueller-Stahl (Ramier Beck) u. a.
Premiere: 6. März 2000 (USA); 11. Mai 2000 (Deutschland)
114 Minuten; Farbe.
Im Jahre 2020 bricht die erste bemannte US-Expedition zum Mars auf. Sie landet in der Marsregion Cydonia und richtet dort für einen längeren Forschungsaufenthalt ein Wohnmodul ein. Als die Astronauten die Gebirgsformation untersuchen, die als „Marsgesicht“ berühmt geworden ist, empfangen sie plötzlich ein merkwürdig pulsendes Geräusch, das von der Formation ausgeht. Kurz darauf entsteht rund um die Formation ein mächtiger Wirbelsturm, der die Astronauten erfasst und zerfetzt. Nur ein einziger Astronaut, Luke Graham, überlebt – und staunt, dass der Wirbelsturm ein glattpoliertes, künstlich geschaffenes riesiges Gesicht mit menschlichen Zügen freigelegt hat.
Als die Erde einen Notruf Grahams empfängt, entscheidet man sich, ein zweites Schiff mit drei Astronauten und einer Astronautin als Rettungsmission zum Mars zu schicken. Beim Einschwenken in den Marsorbit passiert jedoch ein Unglück: Mehrere kleine Meteoriten schlagen Löcher in das Raumschiff, und Treibstoff tritt aus. Beim Zünden des Antriebs gibt es eine Explosion, die das Schiff manövrierunfähig macht. Die Astronauten müssen ins leere All aussteigen. In einer waghalsigen Aktion versuchen sie, den Orbiter zu erreichen, mit dem die erste Expedition zum Mars geflogen ist. Dabei treibt der Leiter der Mission Woody Blake mit leerem Jetpack davon und stirbt. Mit dem Orbiter landen die drei übriggebliebenen Astronauten in Cydonia.
Luke Graham erklärt seinen neu eingetroffenen Kollegen, dass er während des vergangenen Jahres an der Entschlüsselung des Signals gearbeitet hat, das das Marsgesicht gesendet hat. Dabei hat er herausgefunden, dass es den Code einer menschlichen DNS-Doppelhelix abbildet. Nur zwei Chromosomenpaare fehlen, um das Bild der DNS zu komplettieren. Es scheint, dass das Signal des Marsgesichts eine Botschaft und das vervollständigte Signal die Antwort ist. Die Astronauten machen sich zum Marsgesicht auf, um das vollständige Signal dem Gesicht zurückzusenden. Daraufhin öffnet sich ein blendend weißer Spalt in dem Gesicht, der die Menschen zum Eintreten auffordert . . .
Die schlechteste Regiearbeit des Jahres 2000?
Armer Brian de Palma. Der Regisseur (geb. 1940), bekannt für Meilensteine wie den Psychothriller Carrie – des Satans jüngste Tochter (1976), die Gangsterballade Die Unbestechlichen (1987) oder den Actionkracher Mission Impossible (1996), inszeniert einen hymnischen Raumfahrtfilm und wird von der internationalen Filmkritik gnadenlos verrissen. Vor allem das Drehbuch wird als unlogischer, spinnerter Erich-von-Däniken-Hokuspokus verlacht. Die versnobten „ernsthaften“ Genrefans rümpfen angewidert die Nase, und einige von ihnen brandmarken den Film sogar als den „schlechstesten Science-Fiction-Film aller Zeiten“. An der Kinokasse bleibt der 90 Millionen Dollar teure Streifen weit hinter den Erwartungen zurück. Als sei das alles nicht genug, wird de Palma für die Goldene Himbeere für die „schlechteste Regiearbeit des Jahres“ nominiert. Zuguterletzt wird hämisch darauf verwiesen, dass das berühmte „Marsgesicht“, das Viking 1 im Juli 1976 aus 1873 Kilometer Höhe über der Marsregion Cydonia fotografiert hatte, schon im April 1998 „entzaubert“ worden war: Neue, hochaufgelöste Fotos der Raumsonde Mars Global Surveyor aus 444 Kilometer Höhe hatten endgültig bewiesen, dass das Marsgesicht nur eine tote, zufällig geformte Gebirgsformation ist, deren Schattenwurf die Illusion eines menschlichen Gesichts erzeugt hatte.
Als ob es darauf ankäme! Wollte irgendwer ernsthaft behaupten, Brian de Palma oder sonstwer, der an dem Film mitgewirkt hatte, würde wirklich den esoterischen Klimbim um das Marsgesicht glauben? Das wäre in etwa so, als würde man von George Lucas erwarten, dass er Darth Vader, Yoda und „die Macht“ für bare Münze nähme. Es spielt überhaupt keine Rolle, dass das Marsgesicht nicht existiert – jeder vernünftige Mensch hatte das auch schon vor den neuen Fotos von 1998 gewusst –, denn der Film erzählt eine fiktive Geschichte, ein „Was wäre wenn“ oder „Stellt euch vor, dass“.
Zu fragen ist vielmehr, wie gut oder schlecht die fiktive Geschichte des Films ist, und wie gut oder schlecht der Film sie erzählt. Mission to Mars macht da durchaus eine ordentliche Figur. Bei aller berechtigten Kritik ist der Film nicht annähernd so schlecht, wie die harschen Verrisse ihn hingestellt haben, und gehört im Gegenteil nach meinem Dafürhalten sogar zu den besten Raumfahrtfilmen der letzten zwei Jahrzehnte.
Aus dem Baukasten des Science-Fiction-Genres
Es lässt sich nicht leugnen, dass das Drehbuch von Mission to Mars dem Zuschauer eine wenig originelle Story auftischt, die aus wohlbekannten Motiven und Versatzstücken des Genres zusammengeschraubt worden ist. Das Marsgesicht ist mit dem schwarzen Monolithen aus Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum (1968) vergleichbar, und der Erstkontakt mit einer hochentwickelten, gütigen Alienspezies im Marsgesicht gemahnt an Steven Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977), James Camerons Abyss (1989) oder Robert Zemeckis Contact (1997). Alle genannten Filme variieren das fest im Genre verankerte Thema der Begegnung mit einer technisch und moralisch hochentwickelten, fast gottgleichen Alienrasse, und regelmäßig wird an dieses sehnsüchtig erhoffte Ereignis eine esoterische Heilserwartung geknüpft. Mission to Mars steht hier in einer langen Tradition, die bis in die Anfänge der Science-Fiction-Literatur zurückreicht. Allerdings: Mit traditionellen Motiven und Versatzstücken zu arbeiten ist das typische Verfahren des Genrefilms – sein Repertoire definiert nun einmal seine inhaltlichen Möglichkeiten, ist ein Stück weit seine Signatur.
Was die Story an Originalität vermissen lässt, macht Brian de Palma mit einer interessanten und visuell beeindruckenden Inszenierung mehr als wett. Schon der Beginn des Films bricht mit der Erwartungshaltung: kein Bombast, keine Kamerafahrt durchs All, keine coole Raumstation oder ein durchs All gleitendes Raumschiff. Gezeigt wird die spießige Normalität eines Barbecues in einem Garten in irgendeiner amerikanischen Vorstadt. Gäste sind die Familien und Freunde der Raumfahrer, die ein letztes Mal gemeinsam feiern, bevor die erste bemannte Mission zum Mars startet. Natürlich ist auch die große Abschiedsfeier ein Genreklischee. Sie aber ganz an den Anfang des Films zu stellen und ihr großzügig Raum zu geben ist ungewöhnlich. Brian de Palma bemüht sich, seine Figuren bei ihrer Einführung zu charakterisieren und ihnen Leben einzuhauchen. Das gelingt mal besser, mal schlechter. Seine bodenständigen, verheirateten, arbeitseifrigen Raumfahrer mögen vielleicht etwas fad und blutleer wirken. Aber sie sind zweifellos realistischer gezeichnet als die üblichen tollkühnen Weltraumcowboys, die sonst das All bevölkern.
Die Darsteller agieren solide, laufen jedoch nicht zu Höchstleistungen auf, wofür ihnen das Drehbuch sichtlich keine Gelegenheit bot. Vor allem Gary Sinise als der trauernde Witwer Jim McConnell verdient Anerkennung, allerdings spielt er auch die Figur mit dem größten psychologischen Tiefgang. Tim Robbins als Woody Blake scheint sich dagegen in seiner Rolle nicht immer wohl gefühlt zu haben, er hat sichtlich Mühe, sie überzeugend darzustellen. Ihm gegenüber wirkt Armin Mueller-Stahl als Kommandant und sorgengeplagte Autoritätsperson deutlich glaubhafter. Auch Don Cheadle hätte aus seiner Figur Luke Graham, die nach einem Jahr allein auf dem Mars fast dem Wahnsinn verfällt, mehr herausholen können. Insgesamt aber gehen die schauspielerischen Leistungen in Ordnung.
Der Film entwickelt seine Handlung in ruhigem, bedächtigem Erzählfluss. Das gemessene Tempo korrespondiert mit dem Anspruch, den künftigen Flug zum Mars so realistisch wie möglich darzustellen, und hebt den Film radikal von den meisten zeitgenössischen Science-Fiction-Filmen ab. Hektische Action ist in der Raumfahrt eben eher die Seltenheit, und mal wieder einen Science-Fiction-Film zu genießen, der nicht lärmt und krawallt, ist erfrischend. Die ruhige Gangart, gepaart mit dem leisen, hervorragenden Score von Ennio Morricone, steht dem Film meines Erachtens gut zu Gesicht.
Ein Film wie ein Gemälde
Tricktechnisch ist Mission to Mars von atemberaubender Schönheit. Die Szenen im Weltall, über dem Mars und auf der Marsoberfläche begeistern mit wundervoller Brillianz und Klarheit. Sie nehmen den Zuschauer wirklich mit auf die Reise, lassen ihn mit zum Mars fliegen und auf dem roten Planeten seine Entdeckerfreude ausleben. Die Bilder erzählen von der unwiderstehlichen Faszination Raumfahrt und lassen den Zuschauer diese Faszination neu erfahren.
Man liegt gewiss nicht falsch, wenn man hierin auch eine propagandistische Schattierung erkennt. Der von Robert Zubrin und der NASA unterstützte Film ist gewiss auch als Werbung für ein nationales bemanntes Marsflugprogramm zu verstehen. Wie in Anthony Hoffmans Red Planet (2000) ist das Marsprogramm in Mission to Mars ein rein US-amerikanisches Projekt. Und als die Rettungsmission auf dem Mars gelandet ist und die Astronauten das alte Wohnmodul der ersten Mission aufsuchen, haben sie zunächst einmal nichts Besseres zu tun, als die umgefallene US-Fahne wieder aufzurichten. Der politische Appell ist deutlich: Die USA sollen mit einem künftigen Marsprogramm ihren Stolz nähren und sich selbst bestätigen, dass sie doch noch immer die Größten sind und zurecht die Führung beanspruchen – auch und gerade im Weltall. Nun, sei’s drum.
Gefällig ist nicht nur die Tricktechnik, sondern auch die Kameraführung. Insbesondere im Marsraumschiff, das zur Erzeugung künstlicher Schwerkraft beständig rotiert, rotiert die Kamera in häufigen Einstellungen mit, sodass die Sinne des Zuschauers sehr effektiv verwirrt werden und ein guter Eindruck von dem völligen Fehlen von „oben“ und „unten“ vermittelt wird. Natürlich ist das Vorbild 2001 unverkennbar. Andererseits bedingt der Anspruch, die Raumfahrt und die Schwerelosigkeit möglichst realitätsnah darzustellen, fast zwangsläufig darstellerische Mittel, die an 2001 erinnern – es sei denn, man wollte das Raumschiff nicht halb so komfortabel darstellen und die Raumfahrer auf engstem Raum zusammenpferchen wie einst in den Gemini- oder Apollo-Raumschiffen oder in der ISS.
Planet der Katastrophen
Ein erster Spannungshöhepunkt ist die erste Begegnung mit dem mysteriösen Marsgesicht, das in einer Felsformation verborgen ist. Ein kleiner Marsrover empfängt Geräusche, die von der Formation ausgesendet werden, und schon bald darauf sind alle Astronauten herbeigeeilt, um die Geräusche aufzuzeichnen und zu untersuchen. Plötzlich entsteht ein Wind, der den Bodenstaub auf den Felsrücken zutreibt. Die unheimliche Stimmung gelingt hier sehr gut; sie wird, je stärker der nun entstehende Wirbelsturm wird, immer bedrohlicher, bis zum schockierenden Ende: Alle Astronauten bis auf einen werden getötet.
Die dramatischste Sequenz entfaltet sich in der Mitte des Films, als die zweite Mission im Orbit um den Mars eintrifft. Das Raumschiff wird von mehreren winzigen Meteoritensplittern durchschlagen; es gibt einen Druckabfall, und einer der Astronauten, Woody Blake, muss hinaus ins All, um die Außenhülle abzudichten. Alles trudelt in der Schwerelosigkeit durcheinander: die Astronauten, Gegenstände, Tropfen von Blut – und die „schwerelose“ Kamera. Meteoriten als Bedrohung eines Raumschiffs ist ein Erzählmotiv, das in der Science-Fiction einen Bart bis zum Alpha Centauri hat. Und doch gelingt es de Palma, aus dieser Standardsituation eine äußerst packende Szene zu machen. Die Astronauten handeln professionell, sie bewahren einen völlig kühlen Kopf und tun alles, was zur Verhinderung der Katastrophe nötig ist – nun ja, fast alles.
An einem nicht erkannten Leck an der Außenhülle tritt Treibstoff aus, der später beim Zünden der Triebwerke explodiert und das Schiff rettungslos beschädigt (eine zugegebenermaßen etwas gezwungen wirkende Kettenreaktion). Die Crew entscheidet kurzerhand, das Schiff in den mit Jetpacks ausgestatteten Raumanzügen zu verlassen und darauf zu hoffen, den Orbiter des ersten Marsschiffs zu erreichen, der bald in einiger Entfernung vorbeirast. Eine wahrhaft atemberaubende Wendung! Das Leben der vier Astronauten, die wie die Perlen an einer Schnur aneinandergekettet durchs All schweben, hoch über dem Mars, hängt am seidenen Faden. Tief unter ihnen gleitet der rettende Orbiter vorbei, und Woody Blake macht sich im Alleingang auf, ihn zu erreichen. Es gelingt ihm, die Leine, an der die drei Kameraden hängen, am Orbiter zu befestigen, doch aufgrund seiner zu hohen Geschwindigkeit rutscht er über das glatte Schiff, ohne sich festhalten zu können. Er treibt ab, ist verloren: sein Jetpack ist leer. Am Ende nimmt er seinen Raumhelm ab (der ihm wegen der explosiven Dekompression eigentlich aus den Händen rutschen und davonschießen müsste), um seine Frau Terri davon abzuhalten, ihn zu retten und dabei unweigerlich selbst zu sterben.
Diese stilsichere Sequenz gehört zu den packendsten, die ein Raumfahrtfilm in den letzten Jahren zu bieten hatte. Statt plattem Heldenpathos geht es um das nackte Überleben und, selten genug, ums Scheitern. Brian de Palma gelingt es, den schwerelosen Raum und den Orbit über einer Welt nicht nur zur Bühne, sondern selbst zum Teil des Geschehens zu machen und wirklich begreifbar ins Bild zu setzen. Der Massenträgheit wird konsequent Rechnung getragen, sodass die Szene physikalisch sehr realistisch wirkt (nun gut, vergessen wir mal die Sache mit dem Helm). Hinzu gesellt sich die gelungene Musikuntermalung Ennio Morricones, die auch hier angenehm ruhig bleibt und doch der Szene eine intensive Spannung hinzuzufügen vermag.
Reich, Gott, uns die Hand . . .
Auf der Marsoberfläche greift der Film wieder kräftiger in die Klaviatur der Genreklischees. Die drei überlebenden Astronauten sind mit dem Orbiter gelandet und suchen das Wohnmodul der ersten Marsmission auf. Sie wissen nicht, ob überhaupt noch irgendjemand von der ersten Mission am Leben ist. Wohnmodul und Gewächshaus wirken zunächst verlassen und unheimlich. Im Gewächshaus trifft Jim McDonnell auf Luke Graham, den einzigen Überlebenden der ersten Mission. Luke ist wahnsinnig geworden und attackiert Jim mit einer Spitzhacke, weil er glaubt zu halluzinieren. Hier setzt der Film auf einen billigen Schockeffekt, der psychologisch völlig unglaubwürdig ist. Schon in der nächsten Szene ist Luke wieder ganz Herr seiner Sinne und freut sich, dass seine Kameraden tatsächlich gekommen sind, um ihn zu retten. Luke erklärt an einem alten, dreckstarrenden Computer seine Lösung für das Rätsel des Marsgesichts: Die von der Formation ausgesendeten Geräusche sind der Code für eine DNS-Doppelhelix. Unglaubwürdigerweise erkennt Terri mit nur einem Blick, dass es sich um ein menschliches Genom handelt, dem nur zwei Chromosomenpaare fehlen. Und auch Jim erweist sich als helle, da er auf die Idee kommt, dass das um die beiden Chromosomenpaare vervollständigte Geräusch die erwartete Antwort darstellen könnte.
Der Schluss des Films schwingt sich schließlich zum esoterischen Höhepunkt auf. Nachdem die Astronauten dem Marsgesicht das Antwortsignal gesendet haben, öffnet es sich in einem gleißenden Spalt. Die Astronauten treten ein und befinden sich in einem blendend weißen Saal, einem sakralen Ort, von dem sich später herausstellt, dass er das Innere eines Raumschiff ist. Hier nun findet die Begegnung mit den „Göttern“ statt: Die Projektion einer hochgewachsenen Marsianerin erscheint und erläutert anhand einer Projektion des Sonnensystems die Geschichte der Marsianer, einer hochentwickelten Kultur, die vor vielen Jahrmillionen durch einen verheerenden Meteoriteneinschlag auf dem Mars gezwungen war, den Planeten zu verlassen und in eine ferne Galaxie auszuwandern. Zuvor säten die Marsianer noch ihre DNS auf der Erde aus und beschleunigten dadurch die Evolution der Säugetiere bis hin zum Menschen – wodurch sich auch die Ähnlichkeit der Marsianerin und des Marsgesichts mit den Menschen erklärt. Das Raumschiff aber, das sich im Marsgesicht verbarg, hatten die Marsianer zurückgelassen, damit die Menschen dereinst mit ihnen in Kontakt treten können. Nur einer der Astronauten, Jim, nimmt die Einladung an und fliegt am Ende des Films mit dem Raumschiff in eine ferne Galaxie, den kosmischen Brüdern entgegen . . .
Der Mars als hochentwickelte, sterbende bzw. bereits gestorbene Welt; die genetische Verwandtschaft der rückständigen Menschheit mit gütigen, gottgleichen Marsianern; die schlanke, filigrane Gestalt der Marsianerin – alles altbekannte Motive aus der langen Tradition der Marsromane. Mission to Mars bedient sich dieser Motive und weiß gekonnt mit ihnen die Gefühle des Zuschauers anzurühren. Der Film artikuliert die religiöse Sehnsucht nach gottgleichen Brüdern im All, die uns die Hand reichen, um uns Zuversicht zu spenden und unserem Leben eine Richtung zu geben. Dass der Mensch von den entrückten Marsianern abstammt, drückt zudem die Hoffnung aus, dass die innerste Essenz des Menschen göttlich und gut ist – eine zutiefst anthropozentrische, naive, aber auch grenzenlos positive Hoffnung, in der man gerne schwelgt, auch ohne Anhänger Erich von Dänikens zu sein.
Gewiss ist der Schluss des Films reichlich dick aufgetragen und gefühlsduselig. Genrekitsch – meinetwegen. Aber er erreicht sehr effektiv sein Ziel: der Appell an den Menschen, sich selbst im Kosmos als winzigen, aber nicht unerheblichen Teil des Ganzen und zugleich den Kosmos als Heimat zu begreifen. Schwerer wiegen die ärgerlichen logischen Defizite. Warum es für den Schutz des Marsgesichts notwendig ist, dass alle getötet werden, die sich nicht sofort als Menschen ausweisen, ließe sich vielleicht noch erklären, obwohl es letztlich unverständlich bleibt. Nicht mehr erklären lässt sich, warum die Marsianer in eine ferne Galaxie ausgewandert sind, wo die Erde doch in direkter Nachbarschaft mit günstigen Lebensbedingungen lockte. Eine Rasse, die die interstellare Raumfahrt beherrscht, hätte diesen günstigen Nachbarplaneten vermutlich längst kolonisiert. Nun, sei’s drum: Sind uns die Marsianer nicht unendlich überlegen? Und Gottes Wege sind bekanntlich ja auch unerforschlich . . .
Ein schwelgerisches Raumfahrtmärchen
Mission to Mars ist ein sehenswertes Weltraumabenteuer, das besser ist als sein Ruf. Der Film bietet wunderschöne Bilder und fesselnde, originell inszenierte dramatische Sequenzen, die das Weltall und die Raumfahrt wirklich erfahrbar machen. Er geht gekonnt mit den Genreklischees seiner Story vom first contact um, und es gelingt ihm, mit seinem kitschigen Ende den Zuschauer ehrlich zu rühren. Freilich stehen diesen Stärken einige Mängel gegenüber: vor allem logische Löcher, ein Übermaß an Versatzstücken bei gleichzeitigem Mangel eigener Ideen sowie Charaktere, die zwar besser gezeichnet sind als in vielen anderen Raumfahrtfilmen, letztlich aber doch etwas blass bleiben.
Ein Film also, der sich als durchwachsen präsentiert – und dennoch einen hohen Unterhaltungswert hat. Er konnte nur wenige Science-Fiction-Fans überzeugen. Wenn man aber nicht von jedem Science-Fiction-Film erwartet, dass er das Rad neu erfindet, kann Mission to Mars durchaus begeistern. Der Film ist, wie gesagt, kein Meisterwerk – aber ein schwelgerisches Vergnügen ist er allemal.
© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 4. Februar 2016