Invaders from Mars (USA 1986)
Regie: Tobe Hooper
Drehbuch: Dan O’Bannon, Don Jakoby
Story: Richard Blake
Darsteller: Hunter Carson (David Gardner), Karen Black (Linda Magnusson), Timothy Bottoms (George Gardner), Laraine Newman (Ellen Gardner), Louise Fletcher (Mrs. McKeltch), James Karen (General Climet Wilson), Bud Cort (Mark Weinstein), Eric Pierpoint (Sergeant Major Rinaldi), Christopher Allport (Captain Curtis), Jimmy Hunt (Polizist), Virginya Keehne (Heather) u. a.
Company: Cannon Pictures
Produzenten: Yoram Globus, Menahem Golan
Assoziierte Produzenten: Edward L. Alperson Jr., Wade Williams
Laufzeit: 99 Min./91 Min.; Farbe
Premiere: 6. Juni 1986 (USA); 7. August 1986 (Deutschland)
Der etwa zwölfjährige David beobachtet in der Nacht von seinem Kinderzimmerfenster aus, wie ein gewaltiges UFO herabschwebt und hinter einem Hügel verschwindet. Seine Eltern wollen ihm zunächst nicht glauben. Als Davids Vater trotzdem der Geschichte auf den Grund gehen will, kehrt er vom Hügel seltsam verändert zurück – er ist plötzlich gefühlskalt und legt ein bizarres Verhalten an den Tag. An seinem Nacken hat er eine kleine Wunde. Später führt er Davids Mutter den Hügel hinauf – und auch sie ist anschließend abweisend und seltsam verändert. David wird von Angst erfasst, denn seine Eltern scheinen von den außerirdischen Besuchern ferngelenkt zu sein.
Als auch zwei Polizisten, Davids Lehrerin Mrs. McKeltch und die Mitschülerin Kathy Nackenwunden aufweisen und sich anschicken, David zu verfolgen, sucht David Zuflucht bei der Schulkrankenschwester Linda und erzählt ihr seine Geschichte. Linda ist zunächst skeptisch, doch hilft sie David, Mrs. McKeltch zu entkommen. Als Linda später mit David den Landeplatz des UFOs aufsucht – eine große, leere Sandfläche – und mit eigenen Augen beobachtet, wie dort zwei Arbeiter vom Erdboden verschluckt werden, ist sie überzeugt, dass David die Wahrheit erzählt hat. David und Linda suchen Hilfe bei General Wilson, der das NASA-Gelände sichert, auf dem Davids Vater arbeitet. Auch dort sind bereits mehrere Mitarbeiter von den Außerirdischen übernommen worden, sodass es höchste Zeit ist, militärisch gegen die Eindringlinge vorzugehen . . .
Eine verschenkte Chance
Tobe Hoopers Film ist ein Remake des klassischen, hübschen kleinen Paranoia-Thrillers Invasion vom Mars (1953) von William Cameron Menzies (1896–1957). Viele Kritiker waren der Meinung, dass ein Remake ausgerechnet dieses Films überflüssig gewesen sei – Menzies’ Film sei zu unbedeutend und infantil und das Paranoia-Thema zu antiquiert, um ein Remake zu rechtfertigen. Nun, wie auch immer die Vorlage zu beurteilen ist, eröffnet ein Remake doch grundsätzlich die Chance, den Stoff zu modernisieren, in seiner Aussage abzuändern und aus ihm etwas Neues und Ansprechendes zu erschaffen. Bestenfalls übertrifft das Remake das Original. Leider löst Tobe Hoopers Film diese Hoffnung nicht ein. Der Film hat sehenswerte Momente, „klebt“ ansonsten jedoch viel zu stark am Original und liefert zuwenig überzeugende eigene Ideen. Es ist enttäuschend, dass das Remake nicht über die Schwächen des Originals hinauswächst und im Vergleich zu ihm deutlich blasser dasteht. Der Film bietet kaum mehr als eine steife Hommage, die sich weitgehend aufs uninspirierte Kopieren beschränkt.
Invasion vom Mars war nach dem kruden Science-Fiction-Schocker Lifeforce (1985) der zweite Film, den Tobe Hooper (geb. 1943) für die Produzenten Yoram Globus und Menahem Golan und ihre Filmfirma Cannon drehte. Wie Lifeforce wurde auch Invasion vom Mars von der Kritik gnadenlos verrissen, und beide Filme floppten an der Kinokasse. Auch Hoopers dritter Film für Cannon, Das Kettensägenmassaker 2 (1986), ging kommerziell baden. Damit trugen alle drei Filme erheblich zur Pleite von Cannon Ende der Achtzigerjahre bei.
William Cameron Menzies’ Original musste seinerzeit mit einem schmalem Budget auskommen, hatte nur durchschnittliche Schauspieler zu bieten und litt unter einem zum Teil hanebüchenen Drehbuch; die Tricktechnik war ärmlich und die Laufzeit des Films musste mit minutenlangen Archivaufnahmen von auffahrenden Armeeverbänden und mehrfach eingeschnittenen Szenen von herumlaufenden Soldaten und Marsmutanten aufgefüllt werden. Allerdings gelangen Menzies, einem herausragenden Produktionsdesigner, der zu seinen besten Zeiten immerhin Vom Winde verweht (1939) gestaltet hatte, sehr stimmungsvolle Bühnenbilder, eine albtraumhafte Atmosphäre und ein streckenweise überzeugender Spannungsaufbau. Er erzählte seinen Film konsequent aus der Perspektive des Kindes – weshalb Invasion vom Mars noch heute von vielen Aficionados geschätzt wird, insbesondere von jenen älteren, die anno 1953 selbst Kinder waren und im Kino von dem Film höllisch verängstigt wurden.
Tobe Hooper standen für seinen Film satte 12 Millionen Dollar zur Verfügung. Das Drehbuch schrieben Dan O’Bannon (Alien) und Don Jakoby (Das Philadelphia-Experiment), die auch schon für Lifeforce das Drehbuch geliefert hatten. Die Sets und Spezialeffekte wirken größtenteils hochwertig und machen Laune. So hat John Dykstra mit seiner Firma Apogee, Inc. ansehnliche visuelle Effekte geschaffen, auch wenn er 1987 für Invasion vom Mars eine (in meinen Augen nicht gerechtfertigte) Nominierung für den Razzie Award in der Kategorie Worst Visual Effects einstecken musste. Die Effekte, die wirklich enttäuschen, waren nicht von Dykstra verantwortet. Vor allem das Versinken der ahnungslosen Menschen auf der Sandfläche, unter der sich das UFO vergraben hat, hätte eine raffiniertere Umsetzung verdient und wirkt kaum besser als im Original.
Die Sets für das Innere des Raumschiffs sind zweifellos ein Highlight. Wie schon in Lifeforce dominiert das aus Alien (1979) bekannte organische Design, alles im Raumschiff sieht fleischlich, sehnig oder knochig aus. Die Szenerie ist von bizarrer Pracht, und Hooper erzeugt hier, nicht zuletzt mithilfe intensiv genutzter Lichteffekte, einen stimmigen Albtraum. Selbstredend hat Hooper auch die Mutanten-Plüschkostüme des Originals und deren Reißverschlüsse ausgemustert. Seine von Stan Winston (1946–2008) kreierten bizarren Mars-Mutanten sind mannsgroße, schrumpelige „Kartoffelköpfe“ auf vier Beinen, mit langen Fangzähnen und Mäulern, die groß genug sind, um gegen Ende des Films die verhasste Lehrerin Mrs. McKeltch zu verschlingen. Auch die marsianische Intelligenz bekam einen neuen Look. Sie ist nicht länger ein tentakelumkränzter Kopf in einem Goldfischglas (dieses Originaldesign ist unsinnigerweise als Requisite im Keller von Davids Schule kurz zu sehen), sondern ein mit einem Gesicht versehenes Gehirn, das an seinem Rückenmark aus einer Schiffsluke herausfahren kann. Obwohl nichts als ein Gehirn, kommuniziert die Intelligenz nicht länger wie im Original telepathisch, sondern mit tiefen, gruseligen Basstönen, die seinem Maul entfahren. In einer Szene spricht es sogar direkt mit David, was dem Alien leider viel von seiner Fremdartigkeit nimmt.
Andere Elemente sind penibel aus Menzies’ Original kopiert worden. Davids Kinderzimmer mit dem Teleskop am Fenster, der auffällig gemusterten Tapete und dem Wecker auf dem Nachttisch sieht praktisch exakt so aus wie in Menzies’ Film, und auch das Haus ist dem Haus im Original sehr ähnlich, wobei sich Hooper sichtlich bemüht, es genauso surreal und comichaft wie bei Menzies erscheinen zu lassen. Besonders detailgenau hat Hooper den berühmten Hügel mit dem Zaun aus dem Original nachbauen lassen. Menzies’ Hügel mit dem Zaun ist „ein wirklich bemerkenswertes Design“, wie Glenn Erickson auf seiner Website DVD Savant zu Recht festgestellt hat. Schade nur, dass Hooper zwar die Brillanz dieses Sets erkennt, mit ihm aber nur wenig anzufangen weiß. Es wird nur selten und wenig effektiv eingesetzt – und bleibt somit nur Staffage, ein lebloses Zitat. Auch viele kleine Dinge wiederholt Hooper – zum Beispiel den roten Morgenmantel, in dem Davids Vater den Hügel hinaufsteigt, oder das Detail, dass ihm nach der Rückkehr ein Pantoffel fehlt. Die schockierende Ohrfeige, die der Vater dem Sohn im Original gibt, hat Hooper hingegen, politisch korrekt, weggelassen.
Invasion der Unzulänglichkeiten
In den surrealen Katakomben der Marsianer, dem bizarren Verhalten von Davids Eltern und der unnachgiebigen Verfolgung Davids durch seine Frösche verschlingenden Lehrerin gelingen Hooper durchaus unheimliche, beängstigende und spannende Momente. Als Menzies-Kopist ist es Hooper recht gut gelungen, aus seinem Film einen grellen Albtraum zu machen, der in den Achtzigern auf unbedarfte Kinder eine ähnlich durchschlagende Wirkung gehabt haben dürfte wie das Original in den Fünfzigern. Ein cleverer Einfall war dabei die Einfügung der verbiesterten Lehrerin als weiterer höllischer Kinderschreck.
Auf den erwachsenen Zuschauer, der den Film nie als Kind gesehen hat, macht der Film jedoch nur wenig Eindruck. Da sich Hooper zuwenig vom absurden Plot des Originals löst, wirkt sein Film ebenso unlogisch. Den Drehbuchautoren O’Bannon und Jakoby gelingt es nicht, die groteske Story von der Infiltration durch Außerirdische plausibler als im Original zu erzählen. Wollten die Marsianer die Menschheit im Original davon abbringen, ins All aufzubrechen, da sie in der irdischen Raumfahrt ihren Lebensraum bedroht sahen, geht es nunmehr darum, eine geplante Marsmission der NASA zu sabotieren. Die Mittel und Wege der Marsianer sind jedoch in beiden Filmen umständlich, verworren und unlogisch. So gerät Hoopers Film in der zweiten Hälfte zusehends ins Rutschen und kann den Zuschauer nur noch mit dem leidlich spannenden Showdown bei der Stange halten. Die gelingende erste Flucht Davids aus den marsianischen Katakomben ist vollkommen unglaubwürdig; anschließend hält sich der Film mit zu vielen Verfolgungsjagden in der Stadt und im Keller der Schule auf. Um trotz der schwer lastenden Absurdität des Plots den Zuschauer einzufangen und zu fesseln, hätte es einer erheblich gesteigerten Dramatik, eines deftigeren Thrills und vielleicht eines Schusses Ironie bedurft. Philip Kaufmans Die Körperfresser kommen (1978) ist ein gutes Beispiel für die gelungene Aktualisierung des alten Themas der außerirdischen Unterwanderung; ein anderes, schwächeres Beispiel ist The Arrival (1996) von David Twohy.
Ein großes Problem des Films sind die Schauspieler. Allein Timothy Bottoms und Laraine Newman finden in ihren Rol-len als Davids Eltern den richtigen Ton und erzeugen ein fühlbares, unterschwelliges Unbehagen. Hunter Carson (geb. 1975) spielt die Hauptfigur David selbstbewusster und heroischer als seinerzeit Jimmy Hunt, der hier in einer Cameo-Rolle als Polizist erneut den Hügel mit dem Zaun hinaufsteigen darf und dabei anmerkt: „Ich war hier seit meiner Kind-heit nicht mehr“. Allerdings wirkt Hunter Carsons Spiel auch immer gespielt; er trägt zu dick auf und erzeugt kaum An-teilnahme. Karen Black in der weiblichen Hauptrolle als Krankenschwester Linda ist völlig fehlbesetzt, ihr mangelt es vor allem an Ausstrahlung. Louise Fletcher gibt eine adäquate diabolische Lehrerin, obgleich auch ihre Darbietung et-was zu grell gerät. Alle übrigen Darsteller sind fast unerträglich grobschlächtig – die schlimmsten Beispiele sind James Karen als eisenfressender General Wilson sowie Bud Cort, dessen Figur des klischeehaften, naiven Wissenschaftlers Dr. Weinstein scheinbar nie Kampf der Welten (1953) oder Fliegende Untertassen greifen an (1956) gesehen hat und daher dumm genug ist, sich beim Erstkontakt mit den Mars-Mutanten zu einem Aschehäufchen zerstrahlen zu lassen.
Eine vollends idiotische Entscheidung war, sogar die verschiedenen Schnittfassungen des Originals zu wiederholen. So gibt es eine europäische Schnittfassung, die viel zu abrupt mit der Explosion des UFOs am Himmel endet, und einen längeren US-Cut, der die gesamte Erzählung des Films am Ende als Davids Albtraum erklärt: David erwacht schreiend in seinem Bett, wird von seinen herbeieilenden Eltern getröstet, die ihm versichern, dass alles nur ein Traum gewesen sei; kurz darauf sieht David erneut das UFO landen, stürmt ins Schlafzimmer seiner Eltern und schreit entsetzt, weil er mitansehen muss, wie diese von den Mars-Mutanten verschlungen werden (dies geschieht off-screen; man hört nur ein Schmatzen).
Tobe Hoopers Invasion vom Mars gemahnt mit seinem unlogischen Drehbuch, seinen hölzernen Schauspielern und seiner plakativen, ironiefreien Regie an viele Fünfzigerjahre-cheapies – der Film wirkt anachronistisch. Allerdings hat er einige schaurige Sequenzen, ein sehr sehenswertes Produktionsdesign und viele nostalgische Fingerzeige auf William Cameron Menzies’ Original, sodass er dem Science-Fiction-Liebhaber unter dem Strich doch noch recht kurzweilige Unterhaltung bietet. Gleichwohl ist es schade um die verschenkte Chance.
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Invaders from Mars (USA 1986). Regie: Tobe Hooper. Company: Cannon Pictures. Produzenten: Yoram Globus, Mena-hem Golan. Assoziierte Produzenten: Edward L. Alperson Jr., Wade Williams. Drehbuch: Dan O’Bannon, Don Jakoby. Story: Richard Blake. Kamera: David Pearl. Schnitt: Alain Jakubowicz. Musik: Sylvester Levay, David Storrs, Christopher Young. Szenenbild/Production design: Leslie Dilley. Bauten/Art direction: Craig Stearns. Bühnenbild/Set decoration: Cricket Rowland. Kostüme: Carin Hooper. Spezialeffekte: John Dykstra (Apogee, Inc.; Leitung optische Effekte), Hans Metz (Leitung Spezialeffekte), Stan Winston (Marsianer-Design) u. v. a.
Darsteller: Hunter Carson (David Gardner), Karen Black (Linda Magnusson), Timothy Bottoms (George Gardner), Larai-ne Newman (Ellen Gardner), Louise Fletcher (Mrs. McKeltch), James Karen (General Climet Wilson), Bud Cort (Dr. Mark Weinstein), Eric Pierpoint (Sergeant Major Rinaldi), Christopher Allport (Captain Curtis), Jimmy Hunt (Polizist), Virginya Keehne (Heather) u. a.
Laufzeit: 99 Min./91 Min.; Farbe. Premiere: 6. Juni 1986 (USA); 7. August 1986 (Deutschland)
© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 23. November 2016
Szenenfotos © Cannon Pictures; Koch Media