Flash Gordon’s Trip to Mars (USA 1938)
Kinoserial, 15 Episoden von jeweils ca. 20 Minuten, insgesamt ca. 299 Min., Schwarzweiß. Späterer TV-Titel: Space Soldiers᾿ Trip to Mars.
Regie: Ford Beebe, Robert F. Hill
Drehbuch: Ray Trampe, Norman S. Hall, Wyndham Gittens und Herbert Dalmas, nach dem Comicstrip Flash Gordon (1934) von Alex Raymond
Darsteller: Larry „Buster“ Crabbe (Flash Gordon), Jean Rogers (Dale Arden), Frank Shannon (Dr. Zarkov), Charles Middleton (Kaiser Ming), Beatrice Roberts (Königin Azura), Donald Kerr (Happy Hapgood), Richard Alexander (Prinz Barin), C. Montague Shaw (König der Lehmmenschen), Anthony Warde (Turan, König der Waldmenschen), Wheeler Oakman (Tarnak) u. a.
Produzenten: Barney A. Sarecky und Henry MacRae
Company: Universal Pictures
Premiere: 21. März 1938 (USA)
Kaum sind Flash Gordon, Dale Arden und Dr. Zarkov vom Planeten Mongo zurückgekehrt, wird die Erde erneut bedroht. Ein mächtiger Energiestrahl aus dem All trifft die Atmosphäre und droht, ihren Stickstoff auszulöschen. Verheerende Stürme und Fluten richten weltweit Verwüstungen an. Dr. Zarkov vermutet, dass die Attacke von Mongo ausgeht, und macht sich gemeinsam mit Flash und Dale in seinem Raketenschiff erneut auf den Weg. Mit von der Partie ist der Reporter Happy, der sich heimlich an Bord der Rakete geschmuggelt hat. Im All erkennen Flash und Zarkov, dass der tödliche Energiestrahl nicht von Mongo, sondern vom Mars ausgeht, und ändern entsprechend den Kurs der Rakete. Auf dem Mars treffen sie zu ihrer Überraschung auf Kaiser Ming, von dem sie angenommen hatten, dass er auf Mongo in der Feuerhöhle des Gottes Tao verbrannt sei. Kaiser Ming hat sich mit Azura, der über magische Kräfte verfügenden Königin des Marsʼ, verbündet, um zunächst die Erde auszulöschen und anschließend das gesamte Universum zu erobern. Flash, Dale, Zarkov und Happy finden jedoch schon bald Verbündete auf dem Mars: Die „Lehmmenschen“, die von Azura verwunschen wurden, helfen den Erdlingen, und auch Prinz Barin von Mongo stößt zu ihnen dazu, um Ming endlich zu entmachten . . .
Flash Gordon hebt wieder ab!
Flash Gordonʼs Trip to Mars ist das zweite von drei actiongeladenen Kinoserials um den unerschrockenen blonden Weltraumhelden, die in der Geschichte des Kinos die frühesten pulpigen Space Operas darstellen. Den Anfang hatte das enorm erfolgreiche 13-teilige Serial Flash Gordon (1936) gemacht. Zwei Jahre später folgte das Sequel Flash Gordonʼs Trip to Mars (1938). Im Jahr darauf verkörperte der blendend aussehende Flash-Gordon-Darsteller Larry „Buster“ Crabbe im Serial Buck Rogers (1939) eine weitere Ikone des Science-Fiction-Comics, um anschließend in Flash Gordon Conquers the Universe (1940) zum letzten Mal in seine populäre Paraderolle zu schlüpfen.
Die Produktionswerte in Flash Gordonʼs Trip to Mars haben sich im Vergleich zum ersten Flash-Gordon-Serial nicht wesentlich verändert: Die Spezialeffekte und viel zu kleinen Miniaturen sind primitiv wie eh und je, die verwendeten Bauten auf dem Universal-Studiogelände – meistenteils wiederverwendete Western- oder Dschungelkulissen – wirken karg, und die routinierte Kameraführung und der konventionelle Filmschnitt lassen keine gesteigerte Finesse erkennen. Doch das alles spielt kaum eine Rolle, denn die direkt aus Alex Raymonds Comicstrips entnommene Rezeptur der Handlung funktioniert tadellos: glasklar definierte Figuren, atemlose Action, häufige Ortswechsel und ein ewiger Kreislauf von Angriffen, Gegenangriffen, oft verbunden mit findigen Tricks oder dem Einsatz fantastischer Gadgets, treiben die Handlung voran und sorgen für jede Menge unterhaltsame, freilich anspruchslose Kurzweil. Hinsichtlich der Spezialeffekte ist man indessen längst daran gewöhnt, dass sich in Flash Gordons Welt alle Figuren in funkensprühenden Raketenschiffen oder „Stratosleds“ fortbewegen, die bei jedem Start einen lauten Knall von sich geben und wackelig durch die Luft summen. Immerhin: Mit 182.000 Dollar Kosten benötigte die Produktion von Flash Gordonʼs Trip to Mars nur etwa halb soviel Geld, wie für das erste Flash-Gordon-Serial ausgegeben worden war.
Das Serial erfreut mit einer ganzen Reihe neuer Science-Fiction-Gadgets. Es gibt eine gigantische interplanetare Strahlenkanone – die sogenannte „Nitronlampe“ –, eine von Zarkov erfundene handliche Strahlenwaffe, die den Getroffenen paralysiert, einen gläsernen, unterirdisch fahrenden Monorail-Schlitten (ein Gadget, das im Buck Rogers-Serial wiederkehren wird), „Flug-Capes“, die anstelle von Fallschirmen verwendet werden, und als Highlight „Lichtbrücken“, die sich ein- und ausschalten lassen und über die sich zu Fuß die luftigen Höhen zwischen den Gebäuden von Azuras futuristischer Hauptstadt überqueren lassen. All dies ist vermengt mit Rokoko-Schlossbauten, römischen Soldatenuniformen und elektrisch knisternden Laboratorien in mittelalterlichen Burgkemenaten. Der „Televisor“, eine Art Bildtelefon, das mit einem Drehknopf bedient wird und bei jeder Benutzung einen seltsamen hohlen Pfeifton erzeugt, fungiert wie schon im ersten Serial als unverzichtbares Kommunikationsmittel: Fast jede wichtige Entscheidung, die der Handlung eine neue Wendung gibt, wird über dieses Gerät zwischen den Figuren vermittelt. Ein weiterer Pluspunkt sind die ambitionierten Effektszenen: Technisch kaum besser ausgeführt als im ersten Serial, gibt es hier deutlich mehr Luftschlachten zu bestaunen, an denen auch mehr Raketenschiffe beteiligt sind und die nun auch eine größere perspektivische Dynamik entfalten, indem häufig die Schiffe auf die Kamera zufliegen.
Das Drehbuch des zweiten Serials basiert auf Alex Raymonds Comicstrip Flash Gordon and the Witch Queen of Mongo. Ursprünglich war die Handlung also auf Mongo und nicht auf dem Mars angesiedelt. Die Entscheidung, das Geschehen auf den Mars zu verlegen, scheint sogar erst nach Beginn der Dreharbeiten gefallen zu sein, denn am Anfang des ersten Kapitels brechen Flash, Dale, Zarkov und Happy nach Mongo auf; erst im All erkennen sie, dass der bedrohliche Energiestrahl, der die Erde trifft, vom Mars ausgeht, und ändern ihren Kurs. Einer irrigen Legende nach verlegten die Verantwortlichen bei Universal die Handlung auf den Mars, um von der großen „Marshysterie“ zu profitieren, die in den Medien nach Orson Wellesʼ berühmtem Radiohörspiel War of the Worlds ausgebrochen war. Das allerdings kann nicht sein, da Flash Gordonʼs Trip to Mars sieben Monate vor der Ausstrahlung von Orson Welles’ Hörspiel in die Kinos kam. Bis heute ist unbekannt, wie die Entscheidung zustande kam, die Handlung des Serials auf den Mars zu verlegen. Lediglich der Feature-Film Mars Attacks the World, den Universal hastig aus dem Trip to Mars-Serial zusammenschnitt und im November 1938 ins Kino brachte, ist ein offensichtlicher Versuch, aus der Aufregung um Orson Wellesʼ Hörspiel Gewinn zu schlagen.
Interessant ist die „modernere“ Topologie des Mars mit einem scharfen Kontrast zwischen der Stadt und der kaum domestizierten umliegenden Wildnis. War Mings Palast im ersten Serial noch eine einzelne Burg, die trutzig auf einem schroffen Berg inmitten einer archaischen Wüstengegend thronte, residiert Azura im Zentrum einer marsianischen futuristischen Großstadt, die mit einem Stadtmodell und matte paintings realisiert wurde. Außerhalb dieser Stadt liegen Königreiche von „Naturvölkern“, die zu Azura in einer Art Lehensverhältnis stehen. Im „Waldland“, eine bizarre Landschaft laubloser, in alle Richtungen wachsender Bäume, leben die „Waldmenschen“, während in den Höhlen der Wüste die „Lehmmenschen“ hausen. Deren erster Auftritt ist eine unvergessliche, gelungene Effektszene: Die Lehmmenschen lösen sich plötzlich in großer Zahl aus den Wänden der Höhlengänge, mit denen sie zuvor unsichtbar verschmolzen waren.
Erfreulicherweise sind die so glücklich ausgewählten Hauptdarsteller aus dem ersten Serial in Trip to Mars fast vollständig wieder dabei. Larry „Buster“ Crabbe (1908–1983), der ehemalige Rekordschwimmer und Olympia-Goldmedaillengewinner, verkörpert die Rolle des entschlossenen, athletischen all american hero Flash Gordon perfekt wie kein zweiter. Jean Rogers (1916–1991) bezaubert erneut in der Rolle der Dale Arden, während Frank Shannon (1874–1959) erneut Flashs zurückhaltenden Buddy und Techniktüftler Dr. Zarkov mimt. Charles Middleton (1874–1949) übertrifft sich selbst in seiner pompösen Reprise des grollenden und niederträchtigen Erzschurken Ming – wie im ersten Serial begeistert er am meisten. Auch der gern gesehene Richard Alexander (1902–1989) kehrt als sanfter Held und Flash-Gefährte Prinz Barin zurück, worüber die obskure Begründung seines plötzlichen Erscheinens auf dem Mars bereitwillig akzeptiert ist. Leider ist Priscilla Lawson (1914–1958) als Prinzessin Aura nicht mehr dabei. An ihrer statt brilliert Beatrice Roberts (1905–1970) als kaltherzige Königin Azura, die mit schneidender Stimme ihre Untertanen befehligt, durch ihre magischen Kräfte jederzeit mit einem Puff verschwinden und anderswo erscheinen kann und skrupellos jene, die ihr nicht gefügig sind, in hässliche „Lehmmenschen“ verwandelt. Ein weiterer greller Neuzugang ist C. Montague Shaw (1882–1968) als König der Lehmmenschen, der seine Rolle mit übertrieben tumber Treuherzigkeit spielt. Eine überflüssige Dreingabe ist dagegen die Figur des Reporters Happy Hapgood, gespielt von Donald Kerr (1891–1977), die als comic relief gedacht ist, jedoch kaum komische Situationen erlebt und ohnehin keine Chance hat, mit dem übergeordneten Unernst der gesamten Show zu konkurrieren.
Das Drehbuch ist leider nicht so leichtfüßig wie das erste Flash-Gordon-Serial; mit 15 Episoden ist die Erzählung auch unnötig in die Länge gezogen, und es stellen sich im etwas behäbigen mittleren Drittel einige Wiederholungen ein. Auch fehlt der Handlung die geradlinige Klarheit des ersten Serials, insbesondere wegen der Einführung einer zweiten Schurkengestalt neben Ming. Azura ist eine spannende Figur, allerdings bedingt ihre anfangs federführende Präsenz und der Umstand, dass sie die Machthaberin auf dem Mars ist und Ming nur als ihr Verbündeter auftritt, dass sich Mings Ausstrahlung in der ersten Hälfte der Handlung kaum entfalten kann. Neben Azuras Thron stehend, wirkt Ming regelrecht degradiert; erst später, als er sich des magischen „Schwarzen Saphirs“ bemächtigt hat und die Entmachtung Azuras plant, während er vordergründig noch immer als ihr Verbündeter auftritt, ist Ming in seiner theatralischen Grandezza wiederhergestellt, ist er wieder ganz so, wie das Publikum ihn liebt.
Die bedauerlichste Leerstelle des Drehbuchs ist das praktisch vollständige Fehlen der reizvollen erotischen Dynamik, die die Triebfeder der Handlung im ersten Serial gewesen war. In Trip to Mars geht es nicht mehr darum, die jungfräuliche Dale vor den alarmierenden Hochzeitsplänen des schmierigen Kaisers Ming zu retten, und Flash muss auch nicht mehr einer erotischen Versuchung widerstehen, wie sie Prinzessin Aura verkörpert hatte. Das Actionabenteuer dreht sich nur noch um das noble Ziel, die Erde zu retten und die Lehmmenschen von ihrem traurigen Fluch zu erlösen, während das romantische Verhältnis zwischen Flash und Dale überhaupt nicht mehr thematisiert wird. Deshalb, aber vermutlich wohl auch, weil inzwischen die Zensur des Hayes Office interveniert hatte, tritt Jean Rogers als Dale Arden auch viel züchtiger auf als noch im ersten Serial. Statt knapper, durchsichtiger Schleier, die mehr zeigten als verdeckten und Dale wie eine einzige süße Versuchung erscheinen ließen, trägt Rogers ein knöchellanges, dunkles Abendkleid. Ihre lange, hellblonde Lockenmähne ist zudem einer brünetten, kürzer geschnittenen Frisur gewichen, die eher zum adretten Bild einer verheirateten Frau als zu einer jugendlichen Heldin passt. Da ist es auch kein Trost, dass Dale Arden in den Comics immer schon brünett war. Dale ist leider auch kaum noch in den Fortgang der Handlung involviert – sie bekommt wenig zu tun und zu sagen, und selbst ihre Ohnmachtsanfälle sind rar geworden. Ihren eindrucksvollsten Moment hat sie, als sie, unter dem Einfluss einer Vergessenheitsdroge, Flash hinterrücks mit einem Dolch niedersticht und dabei kalt mit den Augen blitzt.
So erreicht Flash Gordonʼs Trip to Mars trotz zum Teil ambitionierterer Spezialeffekte und einer Reihe neuer origineller Ideen leider nicht die brillante Qualität des ersten Serials – ohne die erotische Magie des Vorgängers wirkt es weniger „erwachsen“. Nichtsdestotrotz zählt es immer noch zu den besten aller Science-Fiction-Serials mit einer Reihe spannender Figuren, die von ausgezeichneten Darstellern belebt werden, und bietet jedem Genrefan mit Sinn fürs Nostalgische außerordentlich gute Unterhaltung.
© Michael Haul
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 19. März 2017
Szenenfotos © Universal Pictures