Philip Wylie/Edwin Balmer: When Worlds Collide

Cover des Romans "When Worlds Collide" von Edwin Balmer und Philip Wylie (University of Nebraska Press 1999)

Science-Fiction-Roman. Erstveröffent­licht als Fortsetzungsroman in sechs Folgen im Blue Book Magazine (Sep­tem­ber 1932 bis Februar 1933). Die erste Buchaus­gabe erschien 1933 als Hardcover im Verlag Frederick A. Stokes Company (New York). Die erste deut­sche Ausgabe erschien 1959 als Hardcover im Gebrüder Weiss Verlag (Berlin) unter dem Titel Wenn Welten zusammenstoßen in einer Übersetzung von Else von Hollander-Lossow. 1970 folgte die Taschenbuchausga­be dieser Übersetzung im Wilhelm Heyne Verlag (München; 2. Auflage 1982). Die deutsche Fassung des Romans ist leicht gekürzt.

 

Die hier vorliegende Ausgabe erschien im Oktober 1999 in der University of Ne­braska Press (Lincoln und London) in der Reihe Bison Frontiers of Imagination. Das Buch enthält als Omnibus auch den Nachfolgeroman After Worlds Collide (1933/34) sowie ein Vorwort von John Varley. Der Drucksatz der beiden Roma­ne ist ein fotomechanischer Reprint der ersten amerikanischen Taschenbuch­ausga­ben vom Verlag Paperback Library (1962/63). Taschenbuch, ix + 192 + 190 Seiten.

 

Der Pilot David Ransdell soll im Auftrag von Sven Bronson, einem Astronomen aus Kapstadt, wichtige Fo­tografien vom südlichen Sternenhimmel nach New York bringen. In New York angekom­men, überbringt Ransdell die Aufnahmen dem Astrophysiker und Ingenieur Dr. Cole Hendron. Er lernt bei dieser Gelegenheit auch Hendrons Tochter und Assis­tentin Eve sowie ihren Kavalier Tony Drake, einen jungen Börsenmakler von der Wall Street, kennen. Nach der Prüfung der Fotografien bestätigt sich für Cole Hendron, was viele eingeweihte Astro­nomen bereits seit Monaten befürchtet ha­ben: Zwei einander umkreisende Planeten sind aus den Tiefen des Alls auf­getaucht und rasen auf das Sonnensys­tem zu. Schon in wenigen Monaten werden sie die Erdbahn kreuzen, und der größere der beiden Planeten wird dabei mit der Erde kollidieren. Die Tage der Menschheit sind gezählt.

 

Als Hendron und seine wissenschaft­lichen Mitstreiter die entsetzliche Neuigkeit öffentlich verbreiten, reagieren die Menschen zutiefst geschockt. Viele stürzen sich anfangs in einer Mischung aus Fatalismus und Unglauben in hem­mungslose Partys. Nach und nach nimmt die Panik jedoch Überhand, und weltweit haben die Regierungen mit Streiks, Aufständen und Plünderungen zu kämpfen. Hendron und die anderen eingeweihten Wissenschaftler sind dage­gen vorbereitet. Sie haben sich schon vor Monaten zum Geheimbund der „League of the Last Days“ zusammenge­schlossen und Vorbereitungen für ein kühnes Projekt getroffen: den Bau eines Raumschiffs, mit dem eine Handvoll Menschen dem Untergang der Erde entrinnen soll. Denn die herannahenden Planeten, die nach ihrem südafrikanischen Entdecker Bronson Alpha und Bronson Beta getauft wurden, sind von sehr unter­schiedlicher Natur. Während Bronson Alpha ein Gasplanet von der Größe des Uranus ist, scheint Bronson Beta von der Größe und Beschaffenheit der Erde zu ähneln. Nach der Kollision der Erde mit Bronson Alpha, so die Berechnungen der Astronomen, wird dieser Planet wie­der im interstellaren Kosmos verschwinden, während Bronson Beta aus dem Orbit um Alpha herausgerissen und an­stelle der Erde auf eine Umlaufbahn um die Sonne einschwenken wird. Die interplane­tare Arche der „League of the Last Days“ soll daher auf Bronson Beta landen, in der Hoffnung, dass dort annehmliche Lebensbedingungen herrschen werden.

 

Hendron erwartet gewaltige Springfluten und Vulkanausbrüche, die die Gezeitenkräfte der beiden näher kommenden Planeten auslösen werden. Daher wählt er ein vor Fluten relativ sicher gelegenes und seismologisch ruhiges Gebiet in Michigan aus, auf dem er ein großes Camp für etwa 1000 Wissenschaftler, In­genieure und Facharbeiter bauen lässt. Die handverlesenen Bewohner des Camps sind alle auf die „League of the Last Days“ eingeschworen und widmen sich mit aller Kraft dem Bau des ge­planten Raumschiffs. David Ransdell und Tony Drake schließen sich beide dem Projekt an und treiben es tatkräftig mit voran. Während sie sich als Gentlemen untereinander bestens verstehen, buhlen beide aller­dings um die Gunst von Hendrons Tochter Eve. Eve hingegen will sich nicht fest binden, da ihr Vater davon aus­geht, dass auf Bronson Beta aufgrund der geringen Zahl von geretteten Seelen die Beschränkung auf nur einen einzi­gen Sexualpartner ausgedient haben wird.

 

Nach Vollendung des Schiffs sollen per Losverfahren 50 Frauen und 50 Männer aus der Campbevölkerung ermittelt werden, die die Reise mit der interplanetaren Arche antreten dürfen. Doch es gibt enorme Schwierigkeiten zu über­winden. Die Erdbeben und Springfluten schlagen härter zu als erwartet und treffen auch das Camp, und kurz vor Voll­endung des Projekts, als im Rest der USA längst die staatliche Ordnung zerfallen ist und Anarchie herrscht, rottet sich in den Wäldern vor dem Camp ein gut organisierter, bewaffneter Mob zusammen, um das Raketenschiff zu erobern . . .

 

Die Arche-Noah-Erzählung als episches Science-Fiction-Abenteuer

 

When Worlds Collide (1932/33) von Philip Wylie und Edwin Balmer ist in der Geschichte der Science-Fiction-Literatur der „Klassiker“ unter den Weltunter­gangs­erzählungen. Der Roman war ein überaus erfolgreicher Bestseller – über eine halbe Million Exemplare wurden verkauft –, sodass Paramount Pictures sofort nach der Veröffentlichung die Rechte an dem Buch erwarb und sich daran machte, einen Film mit dem Arbeitstitel The End of the World zu planen, der von kei­nem Geringeren als Cecil B. DeMille (1881–1959) realisiert werden sollte. Das ambitionierte Projekt erhielt jedoch nie grünes Licht, vermutlich aus Kostengründen. Erst 18 Jahre später verfilmte George Pal (1908–1980) den Stoff für Para­mount. Sein farbiges, über 900.000 Dollar teures Science-Fiction-Abenteuer Der jüngste Tag (1951) wurde ein Kas­sen­schlager und war Anfang der Fünfzigerjahre Teil des beginnenden Science-Fiction-Booms im Kino.

 

When Worlds Collide entstand in Zusammenarbeit zweier Autoren, und es ist unbekannt, wer von beiden jeweils wel­che Anteile des Buchs kreiert bzw. geschrieben hat. Edwin Balmer (1883–1959) war ein Journalist, Zeitschriftenheraus­geber und Schriftsteller aus Chicago. Sein literarisches Werk ist überschaubar: Er hat gut zwei Dutzend Science-Fic­tion- und Krimi­nalromane geschrieben, öfters in Zusammenarbeit mit William MacHarg (1872–1951) oder mit Philip Wylie (1902–1971). Gemeinsam mit Wylie verfasste er nicht nur When Worlds Collide und den Nachfolgeroman After Worlds Collide (1933/34), sondern auch drei Kriminalro­mane. Von 1927 bis 1949 arbeitete Balmer hauptberuflich als He­rausgeber der Illustrierten Redbook (gegründet 1903), die eine Mischung aus Artikeln, Kurzgeschichten und Romanaus­zügen bot (und die übrigens noch heute, inzwischen allerdings als reine Frauenzeitschrift, existiert). Der Autor Truman Frederick Keefer stellt in seiner Biografie Philip Wylie (1977) fest, dass Balmer sehr gut darin gewesen sein soll, starke Storyideen zu entwickeln, die er dann von jungen Autoren für Redbook ausgestal­ten ließ (vgl. ebda. S. 52). Daraus kann freilich nicht zwingend geschlussfolgert werden, dass sich auch sein Anteil an When Worlds Collide nur auf Storyideen beschränkte.

 

Der in Beverly in Massachusetts geborene, kommerziell sehr erfolgreiche Autor Philip Wylie hat sich weit­aus stärker im Science-Fiction-Genre hervorgetan als Edwin Balmer, wenngleich seine literarischen und essayistischen Interessen viel weiter reichten. Er schrieb nicht nur Romane und Kurzgeschichten – Science-Fiction, Kriminalstorys und Satiren –, son­dern auch Artikel, Zeitungskolumnen und Traktate über den desolaten moralischen Zustand der amerikanischen Ge­sellschaft. Wylie versuchte sich auch in Hollywood. So verfasste er eine Handvoll Drehbü­cher und Storyentwürfe, un­ter anderem für Erle C. Kentons Die Insel der verlorenen Seelen (1932) – eine Adaption von H. G. Wells’ Roman Die Insel des Dr. Moreau (1896) –, H. Bruce Humberstones und Max Marcins König des Dschungels (1933) – ein Tarzan-Rip-Off mit Buster Crabbe in der Hauptrolle – und Edward Sedgwicks Ein Gladiator na­mens Hugo (1938), die Verfilmung von Wy­lies Roman Gladiator (1932). Diesem Roman wird übrigens nachgesagt, eine wichtige Inspirationsquelle für Jerry Siegel und Joe Shuster bei der Erschaffung ihres Comichelden Superman gewesen zu sein.

 

In seiner Essaysammlung Generation of Vipers (1942), die damals viel gelesen und diskutiert wurde, polemisierte und polterte Philip Wylie wüst gegen allerlei Missstände in der amerikanischen Gesellschaft, wobei er kaum eine Bevölke­rungs- oder Berufsgruppe verschonte. Den stärksten Protest erntete das Buch mit der Behauptung, dass die Amerika­ner in heuchlerischer Absicht die Mutterschaft überhöhen und vergötzen würden. Diese Übereinkunft im Sozialverhal­ten diene in Wirklichkeit nur der Unterdrückung der Frau und ihrer natürlichen Sexualität, die an mehr als nur einem einzigen Sexualpartner interessiert sei – ein Thema, das Wylie später auch fiktio­nal in seinem dystopi­schen Roman Das große Verschwinden (1951) verhandelte. Die Reduzierung der Frau auf die Mutterrolle brachte für Wylie eine regelrech­te Infantilisierung und Entsexung der Frau hervor. Auf den so hervorgebrachten Typus des ameri­kanischen „Heimchens am Herd“ ließ Wylie in seinem Buch eine Flut von bittersten Schmä­hungen niederprasseln. Es war kein Wunder, dass der Autor sich damit den Ruf einhandelte, ein Frauenhasser zu sein, was er jedoch stets be­stritt. Für die Verklärung der Mutterschaft prägte Wylie in seinem Buch den Begriff “Momism”, der soziologisch aller­dings nicht aufgegriffen wurde und sich daher auch nicht durchgesetzt hat.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sich Wylie in seinen Science-Fiction-Romanen intensiv mit der Gefahr der völligen Vernichtung durch einen Atomkrieg, die er in schrillen Szenarien ausmalte. Sein mit Abstand berühmtes­tes Werk aber ist When Worlds Collide. Über den Roman wird übrigens häufig behauptet, dass er Alex Raymond (1909–1956) für seinen Flash Gordon-Comicstrip inspiriert haben soll. Das ist Unsinn, denn das einzige aus dem Roman ent­lehnte Motiv bei Flash Gordon ist, dass sich ein fremder Planet zu Beginn der Handlung auf Kollisionskurs mit der Erde befindet. Weitere Übereinstimmungen gibt es nicht.

 

When Worlds Collide ist möglicherweise die Mutter aller modernen Weltuntergangserzählungen – wobei ich den wirk­lichen Weltuntergang meine, bei dem die gute alte Erde von Planeten, Kometen, Asteroiden oder anderen kosmi­schen Ge­schossen tatsächlich getroffen und ein für alle Mal völlig ausgelöscht oder zertrümmert wird. Der Science-Fiction-Autor John Varley (geb. 1947) zeigt sich in seinem Vorwort zur hier vorliegenden Ausgabe begeistert darüber, dass nur in einem Roman wie diesem die folgen­den zwei Sätze möglich sind: “The two planets struck. Decillions of tons of mass colliding in cosmic catastrophe” (S. ix; vgl. S. 175). Er nennt When Worlds Collide und den Nachfolgeroman After Worlds Collide nicht zuletzt wegen der episch breiten Perspektive und Dreißigerjahre-Patina in einer treffenden For­mu­lierung “the Gone With the Wind of the after-the-apocalypse stories” (S. vii).

 

Der Roman ist eine originelle Übersetzung der mythischen Arche-Noah-Erzählung in eine moderne Science-Fiction-Story, in der die Sintflut durch die kosmische Zerstörung des Planeten und die Arche durch eine Weltraumrakete er­setzt worden ist. Im Roman wird auch öfters direkt auf die Arche-Noah-Geschichte Bezug genommen und der von den Astronomen angekündigte Weltuntergang in alttestamentarischen Kategorien gedeutet. So interpretiert Eve die Ver­nichtung der Erde durch Bronson Alpha als Strafe Gottes für die Sünden der Menschheit und den Planeten Bronson Beta als eine neue Chance, die Gott den Tüchtigen einräumt, die es auf den neuen Planeten schaffen. Außerdem zieht sie die biblischen Erzählungen von Belsazars Größenwahn und Noahs Arche als Auslegungen des Geschehens he­ran (vgl. S. 43 f.). Der hedonistische New Yorker Lebemann Peter Vanderbilt hingegen begrüßt das Ende der Welt, da er die zivilisatorischen Fassaden und die fadenscheinige Demokratie verabscheut, und meint ironisch, dass die bevorste­hen­de Vernichtung der Erde wohl nur bedeuten kann, dass es doch einen Gott gibt (vgl. S. 30).

 

Mit den biblischen Akzenten geht ein gespreizter Sprachstil einher, den Varley “Shakespearean” nennt. Viele feierlich-ernste Reden werden im Angesicht der kosmischen Katastrophe gehalten, und viele Dialoge sind von dick aufgetrage­nem Pathos gekennzeichnet. Die männlichen Hauptfiguren des Romans sind, dem Dreißigerjahre-Zeitgeist entspre­chend, ausgesprochene Superhelden: unerschrocken, zupackend und von grenzenloser Energie. Zudem sind sie alle von weißer Hautfarbe und haben blaue Augen, die ihren wachen Verstand kennzeichnen sollen. Der Astronom Cole Hendron, ein moderner Noah, der den Bau des Raumschiffs leitet und das Camp der vielen Helfer und künftigen Aus­wanderer regiert, gerät regelrecht zu einer Lichtgestalt. De facto ist er ein unumschränkter Diktator über sein Camp, das fast so etwas wie eine gleichgeschaltete „Volksgemeinschaft“ bildet, während außerhalb des Camps die Welt in Chaos, Anarchie und Gewalt versinkt. Hendrons Entscheidungen haben absolute Gültigkeit und werden nie in Frage gestellt, und alle Campbewohner schauen zu ihm wie zu einem Patriarchen auf. Hendrons steuernde Macht geht sogar so weit, dass er plant, auf Bronson Beta die Monogamie zugunsten eines gut durchmischten Genpools abzuschaffen und eine regelrechte Zuchtauswahl unter den Menschen durchzusetzen: “Breeding the race, mate with whoever is best” (S. 125).

Cover des Romans "When Worlds Collide" von Edwin Balmer und Philip Wylie (Frederick A. Stokes Company 1933)
Cover der ersten Buchausgabe 1933

Aus diesem Grund sind die Männer und Frauen im Camp, in dem die Rakete ge­baut wird, auch getrennt voneinander untergebracht und sind Pärchenbindun­gen zwischen den Geschlechtern untersagt. Deshalb weigert sich auch Hendrons Tochter Eve, zwischen ihren Verehrern Tony Drake und Dave Ransdell zu wählen. Sie gibt Drake gegenüber offen zu, dass sie sich manchmal auch von Ransdell sexuell angezogen fühlt. Sie meint aber auch, dass ihr auf mehr als nur einen Partner gerichtetes sexuelles Interesse völlig menschlich sei und dass ein unge­zwungener Umgang mit dieser Wahrheit den Frauen eine sexuelle Freiheit zu­rückgeben würde, die ihnen schon vor Urzeiten entzogen wurde (vgl. S. 149 f.). Das utopische Thema einer neuen, freien Geschlechterbeziehung auf dem neuen Planeten, unschön mit dem „wissenschaftlichen“ Argument der menschlichen Zuchtauswahl unterfüttert, zieht sich durch den gesamten Roman und später auch durch After Worlds Collide und sorgt fortwährend für Spannungen zwi­schen den buhlenden Alphamännern Drake und Ransdell, die sich ansonsten als Gentlemen prächtig verstehen. Eigenartigerweise halten Wylie und Balmer das Thema aber auch beständig in der Schwebe und führen es keiner Lösung zu. Insbesondere erfährt der Leser nicht, wie denn nun genau die liberalisierte Ge­schlechterbeziehung aussehen und funktionieren soll. Sollen beispielsweise Paarbindungen jeglicher Art ganz ab­ge­schafft werden, sollen an ihre Stelle sexuell offene Kommunen treten? Abgesehen davon ist es völlig unglaubwür­dig, dass alle im Camp klaglos den noch unausgeformten Plan Hendrons akzeptieren und bis auf Weiteres auf sexuelle Be­ziehungen verzichten. So bleibt dieses Thema letzten Endes nur auf die Rolle eines dramaturgischen Kniffs be­schränkt, ohne wirk­liche Substanz zu gewinnen.

 

Nach heutigen Maßstäben ist die Zusammensetzung der Besatzung der Arche höchst fragwürdig, ja, regelrecht rassis­tisch. Zum Überleben auserwählt werden ausschließlich Weiße. Zum größten Teil sind das weiße Amerikaner, es gibt jedoch auch verzeinzelte Europäer wie beispielsweise den Franzosen Duqesne oder den Deutschen von Beitz unter ihnen. Die einzige nichtweiße Ausnahme ist der Japaner Kyto, der Diener Tony Drakes, der einen nicht minder rassis­tisch gezeich­neten, dummen Klischee-Japaner darstellt. John Varley sagt aber auch zu Recht über die mangelnde „po­litische Kor­rektheit“ des Romans: “You can find things like this in any book or movie from 1932.”

 

Kaum glaubwürdig ist die grundlegende Prämisse des Romans, dass der Bau der Weltraumarche eine private Unter­nehmung ist, wobei völlig offen bleibt, wie die „League of the Last Days“ sie überhaupt finanziert. Der Präsident der USA kümmert sich derweil nur um die Linderung der Not, die die Naturkatastrophen über das Land gebracht haben. Er glaubt bis zuletzt nicht an die bevorstehende Kollision der Erde mit Bronson Alpha, übernimmt daher auch nicht die Kontrolle über Hendrons Konstruktionscamp und wünscht dem Projekt dennoch alles Gute. Als er später in der Stunde des Weltuntergangs Hendrons Rakete aus der Ferne am Himmel emporsteigen sieht, sagt er pathetisch zu seinen Ka­binettskolle­gen: “My friends, the greatest living American has but now left his home land” (S. 166).

 

Der Roman erzählt eine rasante Abenteuergeschichte voller Action und spektakulär ausgemalter Naturkatastrophen, die die Erde vor ihrer völligen Vernichtung erschüttern. Das ist auch heute noch überaus kurzweilig zu lesen. Die astro­nomischen und „wissenschaftlichen“ Elemente des Romans werden weitgehend glaubwürdig gestaltet. Die Arche ist anders als in George Pals Verfilmung eine senkrecht startende Rakete von etwa 45 Metern Höhe (vgl. S. 78 f.). Ihr Start wird sehr lebendig geschildert, mit der ansteigenden Beschleunigung, dem ohrenbetäubenden Lärm im Schiff und dem Blick zurück auf die zurückfallende Erde. Sehr schön werden auch die Sensationen des Weltalls während des kurzen Fluges nach Bronson Beta ausgemalt. When Worlds Collide endet etwas abrupt mit der Landung der Arche auf Bronson Beta, einer Welt mit grünen Meeren und grünem Himmel, auf der nach der langen Passage durch die inter­stellare Kälte im wärmenden Licht der Sonne wieder Moose, Flechten und andere Pflanzen wachsen. Am Schluss blei­ben, wie bereits erwähnt, einige Fragen wie die nach dem künftigen Verhältnis der Geschlechter zueinander offen. Wie es den Geretteten auf dem neuen Planeten ergeht, wird dann in After Worlds Collide erzählt, einem nicht minder spannenden Abenteuer.

 

Es gibt eine Reihe von Unterschieden zwischen dem Roman und der Verfilmung von George Pal. So ist im Roman Tony Drake die zentrale Hauptfigur, und die Geschichte wird weitgehend aus seiner Sicht erzählt. Im Film bleibt Drake, ein New Yorker Gentleman der upper class, dagegen nur eine blasse Nebenfigur, stattdessen spielt der heldenhafte Pilot Dave Randsdell (im Film Randall) die erste Geige. Das Thema der geplanten Liberalisierung der Geschlechterbezie­hun­gen lässt der Film völlig fallen, stattdessen sind dort auch auf dem neuen Heimatplaneten der Menschheit mono­game Paarbindungen vorgesehen. Auch die blutige Schlacht einer Armee von ausgemergelten Flüchtlingen, die das Camp von außen angreifen, wird im Film ausgelassen. Dafür entfällt im Roman, anders als im Film, die Lotterie, mit der die raren Plätze an Bord der Arche vergeben werden sollen. Die Lotterie wird zwar anfangs geplant, doch nachdem die Schlacht gegen die Flüchtlinge zahlreiche Todesopfer gefordert hat, leitet Cole Hendron rechtzeitig den Bau einer zweiten Arche in die Wege, die alle überlebenden Campbewohner aufnehmen kann, für die in der ersten Arche kein Platz mehr gewesen wäre.

Ein Wort zur deutschen Ausgabe

 

Die letzte deutsche Ausgabe des Romans erschien unter dem Titel Wenn Welten zusammenstoßen 1982 im Heyne-Verlag in der Übersetzung von Else von Hollan­der-Lossow. Die Übersetzung ist sehr gelungen, und somit kann die deutsche Aus­gabe problemlos empfohlen werden. Allerdings muss man, wie leider fast immer bei älteren deutschen Ausgaben ausländischer Science-Fiction-Romane, Kürzun­gen des Textes hinnehmen, die sich hier allerdings noch in Grenzen halten. So lässt zum Beispiel der deutsche Text auf S. 40 (= S. 44 englischer Text) gute drei Absätze aus, in denen Eve über darüber philosophiert, warum Gott die Planeten Bronson Alpha und Beta gegen die Menschheit entsendet hat, und dichtet an dieser Stelle sogar neuen Text hinzu. Auf S. 50 (= S. 57 f. engl.) sind die Absätze gekürzt worden, die die Re­aktionen der einzelnen Nationen auf den drohenden Weltuntergang schildern. Der Satz über Deutschland: “Germany went fascist; a few communists were killed; and so were a few Jews“ wurde getilgt, wie auch sonst die im Buch hier und da ver­sprengten Bezugnahmen auf ein faschistisches, judenfeindliches Deutschland re­gelmäßig gestrichen wurden. Als letztes Beispiel wurde auf S. 131 (= S. 149 engl.) die Szene gekürzt und inhaltlich ent­schärft, in der Eve über ihr Verlangen nach einem anderen Mann und die erwartete sexuelle Befreiung der Frauen spricht.

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 27. Oktober 2017