Science-Fiction-Roman. Erstveröffentlicht als Fortsetzungsroman in sechs Folgen im Blue Book Magazine (November 1933 bis April 1934). Die erste Buchausgabe erschien 1934 als Hardcover im Verlag Frederick A. Stokes Company (New York). Die erste deutsche Ausgabe erschien 1960 als Hardcover im Gebrüder Weiss Verlag (Berlin) unter dem Titel Auf dem neuen Planeten in einer Übersetzung von Else von Hollander-Lossow. 1970 folgte die Taschenbuchausgabe dieser Übersetzung im Wilhelm Heyne Verlag (München; 2. Auflage 1983). Die deutsche Fassung des Romans ist leicht gekürzt.
Die hier vorliegende Ausgabe erschien im Oktober 1999 in der University of Nebraska Press (Lincoln und London) in der Reihe Bison Frontiers of Imagination. Das Buch enthält als Omnibus auch den Vorgängerroman When Worlds Collide (1932/33) sowie ein Vorwort von John Varley. Der Drucksatz der beiden Romane ist ein fotomechanischer Reprint der ersten amerikanischen Taschenbuchausgaben vom Verlag Paperback Library (1962/63). Taschenbuch, ix + 192 + 190 Seiten.
Die Erde ist vernichtet, zu Myriaden Trümmern zerschmettert, doch das Raumschiff, das der Wissenschaftler Dr. Cole Hendron in Michigan bauen ließ, konnte noch rechtzeitig vor der Kollision der Erde mit Bronson Alpha starten und auf dem Planeten Bronson Beta landen. Die 103 Menschen an Bord treten hinaus auf eine erdähnliche Welt mit reichlich Wasser, einer atembaren Atmosphäre und einem grünen Himmel. Die Landflächen sind nur schwach von Flechten und Moosen bewachsen – ihre Sporen hatten die Jahrmillionen in der interstellaren Eiseskälte überstanden und beginnen nun wieder zu sprießen.
Zunächst wissen die Flüchtlinge von der Erde nicht, ob sie die einzigen sind, die es auf den neuen Planeten geschafft haben, oder ob ihr Schwesterschiff unter der Führung von David Ransdell oder eines der anderen Raumschiffe, die in anderen Ländern gebaut wurden, auf Bronson Beta landen konnte. Sie beginnen, ihre Arche zu zerlegen, um sich aus dem Material am Landeplatz behelfsmäßige Unterkünfte zu bauen. Tony Drake erkundet mit dem Botaniker Higgins zu Fuß die nähere Umgebung, um geeignete Arreale zu finden, auf der die Siedler erste Äcker anpflanzen könnten. Dabei stoßen sie auf einige Relikte der untergegangenen außerirdischen Zivilisation, die einst vor Jahrmillionen auf Bronson Beta heimisch gewesen war: eine Straße aus Metall, eine am Straßenrand stehende Schrifttafel und ein uraltes Autowrack.
Eines Nachts taucht plötzlich ein Flugzeug am Himmel über dem Camp der Siedler auf, dreht jedoch sofort wieder ab und fliegt davon. Cole Hendron und Tony Drake gehen davon aus, dass die Insassen des Flugzeugs feindliche Absichten haben. Kyto, der ehemalige japanische Diener von Drake, offenbart, dass er ursprünglich als Spion für Japan in die USA gekommen sei. Daher weiß er auch, dass einige Japaner gemeinsam mit kommunistischen Russen und faschistischen Deutschen in Ostasien ein eigenes Raketenschiff gebaut hatten. Das Ziel dieser finsteren Gruppe sei es gewesen, auf Bronson Beta eine neue menschliche Zivilisation zu gründen, die die Form eines perfekt gleichgeschalteten Ameisenstaates unter einem Diktator erhalten sollte. Drake tauft die feindliche japanisch-russisch-deutsche Gruppe ironisch die „Midianiten“, benannt nach dem Stamm kriegerischer Wüstennomaden, der im Alten Testament in einen Erzkonflikt mit Moses und den Israeliten gerät.
Hendron und Drake lassen aus noch verbliebenen Bauteilen der Arche ein eigenes Flugzeug bauen, mit dem Drake und der Chronist Eliot James zu einem Erkundungsflug aufbrechen. Dabei entdecken sie eine der fantastischen Superstädte der “Other People”, der ehemaligen humanoiden Zivilisation von Bronson Beta: eine gigantische Metropolis, die von einer durchsichtigen, fast unzerstörbaren Kuppel überdacht ist. Die Erkundung der Stadt ergibt, dass sie unermessliche Ressourcen bereithält – unter anderem riesige Mengen von Nahrungsmitteln, die die Außerirdischen einst gebunkert hatten. Später, als Drake und James weiterfliegen, stoßen sie auf den Landeplatz der zweiten, verschollenen Arche, die den Rest von Hendrons Campbevölkerung nach Bronson Beta befördert hatte. Dieses zweite Schiff war jedoch bruchgelandet, und nur die Hälfte der Passagiere hatte den Crash überlebt. Die Überlebenden hatten anschließend unter schlimmsten Bedingungen ausharren müssen.
Nachdem Hendrons Camp einen Luftangriff der Midianiten abgewehrt hat, entschließt man sich, in die außerirdische Superstadt zu umzuziehen. Der Trek dorthin gelingt, doch die Freude über die neue, luxuriöse Heimat währt nur kurz, denn die Midianiten haben in einer in der Nähe gelegenen anderen Superstadt die zentrale Energieversorgung unter ihre Kontrolle gebracht und drehen Hendrons Stadt den Strom ab. Da sich Bronson Beta auf seiner neuen Umlaufbahn um die Sonne am sonnenfernsten Punkt in der Nähe der Marsbahn befindet, wird es ohne Energie in Hendrons Stadt rasch bitterkalt . . .
Das Abenteuer geht weiter . . .
After Worlds Collide ist der Nachfolgeroman des Bestsellers When Worlds Collide (1932/33) von Edwin Balmer (1883–1959) und Philip Wylie (1902–1971). Der erste Roman hatte eine Reihe von Erzählfäden offen liegengelassen und endete mit der Ankunft der Flüchtlinge auf dem Planeten Bronson Beta etwas abrupt. After Worlds Collide erzählt die Geschichte nahtlos weiter und ist ohne das Vorwissen aus dem ersten Roman nur schwer verständlich, da die Figuren und ihre Beziehungen untereinander als bereits bekannt vorausgesetzt werden. Gewisse Abhilfe liefert ein dreiseitiges Vorwort, das die bisherigen Geschehnisse knapp zusammenfasst.
Die Ausgangssituation des Romans ist überaus spannend: Eine Handvoll Menschen, gelandet auf einem fremden, vollkommen unerforschten Planeten, unternehmen allererste Schritte, ihre Umgebung kennenzulernen und sich in der neuen Welt anzusiedeln. Dementsprechend ist das koloniale Projekt des Romans ein sehr unterhaltsames Abenteuer mit vielen unerwarteten Wendungen. Meines Erachtens steht der Roman zu Unrecht im Schatten von When Worlds Collide – meistens wird er als schwächer als sein Vorgänger eingestuft, wenn denn überhaupt über ihn geschrieben wird. Gewiss ist der actionreiche Plot überaus „pulpig“ und die Sprache ist pathetisch wie eh und je, aber diese Merkmale hatten auch schon den ersten Roman gekennzeichnet.
Neben der Bedrohung durch Meteoritenschauer – Trümmer der zerstörten Erde – und der fremdartigen Natur Bronson Betas gibt es eine kriegerische Gefahr, die von einem weiteren Raumschiff ausgeht, das ebenfalls von der Erde entkommen und auf Bronson Beta gelandet ist. Die verbündeten Feinde, die mit ihm auf den neuen Planeten gelangt sind, sind dabei die üblichen Verdächtigen: deutsche Nazis, russische Kommunisten und japanische Imperialisten. Dem Leser werden aber auch die staunenerweckenden Wunder der untergegangenen, friedfertigen und nahezu perfekten Zivilisation der “Other People” präsentiert, die eine fantastische Supertechnologie und Megastädte unter gigantischen Kuppeln hinterlassen haben. Es stellt sich – enttäuschenderweise – heraus, dass die “Other People” humanoid waren, und ihre Kunstformen nehmen sich aus wie eine ätherische Überhöhung der griechisch-römischen Antike.
Die interessanten Fragen nach dem Wiederaufbau der menschlichen Zivilisation, die ganz neue Formen erhalten soll, um so die eingeschliffenen Fehler der alten Gesellschaft zu vermeiden, werden im Roman weiterhin aufgeschoben. Cole Hendron, die unumschränkt herrschende und verehrte Lichtgestalt der Gemeinde, erklärt: “We are going to be a strictly scientific civilization” (S. 35). So schafft er schon mal das als ersten Schritt das Latein aus dem wissenschaftlichen Jargon ab, um die Wissenschaft aus ihrem „esoterischen“ Ghetto zu befreien. Über die konkrete Ausgestaltung der neuen Gesellschaft wird hingegen auch weiterhin kaum gesprochen. Vor allem ist es ist völlig aberwitzig, dass auch Wochen nach der Landung auf Bronson Beta noch immer nicht die Frage geklärt ist, wie es sich denn nun mit dem Sex und der Ehe verhalten soll. Alle bleiben weiterhin bereitwillig keusch, und die gesellschaftspolitischen Themen werden offenbar nur der Spannung halber bis zum Schluss des Romans aufgeschoben.
Die höchsten theatralischen Höhen erklimmt der Roman im Zusammenhang mit dem Tode Hendrons. Im Angesicht der „goldenen Stadt“, zu der die Siedler gezogen sind – die neu entdeckte Kuppelstadt der “Other People” –, stirbt Hendron, der moderne Moses, der sein Volk in ein gelobtes Land geführt hat, in manischer Ekstase. Später, beim Begräbnisgottesdienst, liegt er in der “hall of the scientists” aufgebahrt. Die Techniker setzen die elektronische Musikanlage der “Other People” in Gang, und es erklingt erhabene außerirdische Musik, die an Richard Wagners „Tannhäuser“ oder seine „Walküre“ erinnert: “Some great Wagner had lived a million years ago when this planet pursued its accustomed course about its distant star!” (S. 127). Hendrons Tochter Eve vollendet die mythische Verklärung, wenn sie das Wirken ihres Vaters mit den prophetischen Verheißungen ägyptischer Tempel- und Pyramidentexten ausdeutet (vgl. S. 131 f.).
Erst sehr spät klärt sich langsam und auch nur ansatzweise auf, wie die neue menschliche Gesellschaft auf Bronson Beta aussehen wird: nämlich durchaus nicht so neu. Auf S. 146 erfährt der Leser, dass Tony Eve heiraten wird – und von Polyandrie und menschlicher Zuchtauswahl ist plötzlich keine Rede mehr. Auf den letzten Seiten des Romans ist Eve bereits von Tony schwanger und lebt mit ihm zusammen in einem der komfortablen Appartements, die die Menschen in der Kuppelstadt der “Other People” bezogen haben. Und dort erst, auf der vorletzten Seite (!), wird erwähnt, dass ein neu gebildetes Komitee die Möglichkeiten der künftigen Regierungsform, der gesellschaftlichen Konventionen und der Sexualmoral diskutieren soll:
Some suggested an alternate dictatorship, like the consuls of Roman republic, with an American consul alternating in power with an English. Others declared as positively that all rivalries and jealousies of the shattered earth should be forever banished and denied.
There were a score of other schemes.
And more debate than ever before on manners and morals – especially about marriage. Should there be laws for love? Cast off conventions and taboos! All right; try to get along without any . . . (S. 189)
Ob all dies so eingerichtet werden wird, erzählen Wylie und Balmer nicht mehr. Nichtsdestotrotz bildet das Ende von After Worlds Collide einen runden Abschluss, und ich glaube entgegen der Spekulation mancher Leser nicht, dass Wylie und Balmer geplant hatten, die Geschichte von Bronson Beta noch in einem dritten Roman weiterzuspinnen.
After Worlds Collide ist ein kurzweiliger und spannender Abenteuertrip, von dem man durchaus bedauern kann, dass er nicht auch wie der Vorgängerroman von George Pal (1908–1980) verfilmt wurde. Pal hätte gern ein Sequel zu seinem Film When Worlds Collide (1951), basierend auf After Worlds Collide, realisiert, konnte diese Idee jedoch nicht mehr umsetzen, nachdem sein Film Die Eroberung des Weltalls (1955) floppte und Paramount Pictures daraufhin die Zusammenarbeit mit ihm beendete.
Für die deutsche Übersetzung des Romans von Else von Hollander-Lossow gilt dasselbe wie schon für die Übersetzung von When Worlds Collide: Sie ist durchaus gelungen und empfehlenswert für jeden, der sich nicht mit dem englischen Originaltext herumschlagen will, allerdings ist sie leicht gekürzt und an den gekürzten Stellen auch ab und zu leicht umformuliert.
© Michael Haul
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 27. Oktober 2017